Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Oben mehr trennen, unten mehr mit einander leben

∞  26 März 2010, 16:29

Ich kann es bedauern, dass verschiedenste muslimfreundliche oder muslimkritische Organisationen nach dem Ergebnis der Minarett-Initiative das Aufbrechen der vorhandenen Probleme nicht dazu genutzt haben, Dialoge zu fordern, die zu Lösungen führen könnten.
Ausser Deklarationen, Statements, Anklagen ist nichts geschehen. Wir sind weit davon entfernt, dass sich konservative Kreise vermehrt erklären würden. Moderne Verbände wie das Forum für einen fortschrittlichen Islam wiederholen ihre Positionen, Randgemeinschaften am liberalen Flügel der Muslime wie die Aleviten waren oder sind froh, dass ihren Positionen mehr Beachtung geschenkt wurde. Es werden auf allen Seiten Gelegenheiten zur Darstellung der eigenen Position genutzt. Aber niemand bewegt sich wirklich. Und das ist nicht nur der Fehler der konservativen Verbände.

Tatsache ist wohl: Die Gräben sind viel tiefer. Und Wille und Energie, diese zu beseitigen, fehlt. Auf allen Seiten.

Es wird nur eines übrig bleiben: Die fortschreitende, immer konsequentere Trennung von Kirche und Staat. Die aktullen Debatten um die katholische Kirche passen da ganz gut ins Bild. Es wird wohl keine Vorgabe als die komplett säkulare Ausrichtung der Staatsraison einfach und klar genug sein, um wirklich gerechte Bedingungen für alle durchzusetzen – und dabei auch nicht zu verwischen, was an Toleranzbeweisen auch dazu gehört.

Erneut frage ich aber nicht vor allem, wo die konservativen oder traditionell orientierten, die religiösen Muslimverbände bleiben? Ich frage nach den weltlich orientieren Muslimen, auch nach den Frauenorganisationen, welche konkreten Angebote für mehr Dialog sie machen können? Es sind Ideen gefragt, nicht Dogmen. Und zwar auf allen Seiten. Dass dies wirklich so werden kann, dazu brauchen wir die rechtsstaatliche, religionsfreie Durchsetzung westlicher Grundwerte der Demokratie. In anderen Bereichen ist es um das Wertebewusstsein bei uns bestimmt nicht besonders bestellt. Hier aber wird sich entscheiden, ob wir wissen, was es wert ist, in einem wirklich freiheitlichen Staat zu leben. Vielleicht ist es ja da ganz gut so, dass sich das am scheinbar sachlicheren Beispiel des Umgangs mit Bankdaten der scheinbar so fernen und elitären Geldsäcke entscheidet…

Herrschaft, wie korrumpierbar sind wir in der Verteidigung unserer Grundwerte geworden, nicht wahr? Es gibt immer ein Unrecht der anderen, das scheinbar weit weg von eigener Betroffenheit liegt, wenn es darum geht, mit ein bisschen Beugung die Grädung der passenden Moral anstreben zu können…