Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Noch so eine Gier mit Folgen

∞  15 März 2011, 15:27

Jod-Tabletten – ach würden sie doch gegen unsere Reflexe helfen und bewusste Kopfarbeit auslösen…


Sie sind wieder da, die Bilder von Menschen in Atemmasken und dünnen Schutzanzügen, die so leicht zerreissbar scheinen. Dabei war doch Tschernobyl für uns endlich wieder so weit weg, wie es die Distanz glauben machen mag. Es ist ein Sinnbild: Ein vermummter Strahlenprüfer fährt ein Messgerät über einen Bürger in Zivil, der überhaupt nichts versteht.

Es gibt nur Verlierer. Und das Gespenst bleibt unsichtbar, bis wir krank sind.
Strahlen“schäden“ sind übrigens nicht zu versichern. Weil sie „unabschätzbar“ sind (als der Schweizer Börse dies bewusst wurde, haben sich die Kurse der Rückversicherungsgesellschaft Swiss Re heute wieder deutlich erholt…). Das sagt die Versicherungswirtschaft und mit ihr die Wissenschaft der Statistiker. Während die Kernwirtschaft und die dazu gehörenden Physikwissenschaftler uns versicherten, die Technik wäre absolut ausgereift und das Restrisiko vernachlässigbar.

Wir haben alle dieses Restrisiko in Kauf genommen und werden es weiter tun. Denn keiner von uns wird ohne Zwang seinen Energiebedarf freiwillig dauerhaft einschränken. Darum ist es ganz besonders beschämend, wie reflexartig wir nun hier in Mitteleuropa die Apotheken stürmen und die Jod-Tabletten-Reserven ausplündern. Jetzt bricht die Grundskepsis durch, die wir alle gegen diese kernige Kraft haben, die aus der Steckdose kommt und so herrlich bequem ist (und macht): Praktisch keiner von uns will ein Endlager für radioaktive Stoffe neben sich wissen. Nur deswegen haben wir bis heute kein einziges solches Lager – nicht nur bei uns. Weltweit! Alle Lagerungen ausrangierter Kernelemente sind bis heute provisorisch.

Diese Gedanken zeigen mit dem Finger auf niemanden, Der Finger richtet sich gekrümmt gegen mich und uns alle. Ich fordere uns alle auf, als erstes keinem Politiker mehr zuzuhören, weder von links noch von rechts noch von der so genannten Mitte, der nun Konsequenzen fordert, und damit nur die Beschaffung meint – und nicht unseren Verbrauch. Es sind bald Wahlen. Kein einziger wird gewählt werden, weil er einen Alternativ-Entwurf für wirklich nachhaltiges Leben mit einer gemässigten Energie-Bilanz durchsetzen will – oder kann. Dagegen sollte es Jod-Tabletten geben… Gegen diese Form der Gier, die wir alle ausleben und mit der wir die Natur ausbeuten.
Aber bald hat Gadhafi den Widerstand unter Kontrolle – und libysches Öl wird wieder fliessen. Na dann gute Fahrt uns allen!