Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Nicht vom rechten Glauben

∞  5 Oktober 2013, 20:54

Ein Interview des SPON mit dem Piusbruder Gaudron bringt wieder mal auf den Punkt, was viele gläubige Christen in Westeuropa ausblenden wollen: Die katholische Kirche ist mit ihrem Anspruch, das einzig wahre und legitime Christentum zu verkörpern, eine unversöhnliche, nicht wirklich zur Ökumene fähige Exklusivgesellschaft.

Und wenn Katholiken durch ihr Beispiel und den angebotenen Dialog dies vergessen machen wollen bzw. selbst der Überzeugung sind, dass friedliche Koexistenz der Religionen UND der Konfessionen möglich ist, dann liegt darin eine Unvereinbarkeit mit der eigenen Lehre, welche für sich reklamiert, dass die katholische Kirche als von Jesus Christus gegründete Kirche (?) das einzige wirkliche Christentum verkündet und also nur zu Gott kommen kann, wer katholisch glaubt. Und diese Lehre, dieses Bewusstsein, der richtigen Glaubensrichtung, nicht nur dem “richtigen” Glauben anzugehören, entspringen dann auch Antworten wie diese hier auf die Frage, ob jemand an Gott glaubt:

Ja, ich bin katholisch.

Uns Protestanten befremdet diese innerste Grundhaltung, die jede Ökumene unmöglich macht, sehr, und natürlich sind wir dankbar für alle Kräfte, welche in ihrer Glaubenspraxis ein anderes Beispiel geben wollen. Nur gebe ich zu bedenken: Wo führt es jene Päpste hin, welche eine Öffnung der Kirche offensiv voran getrieben haben? Papst Franziskus fährt einen diametral anderen Kurs als sein Vorgänger, widerspricht allem Dogmatischen in einer Weise, welche ihn dem Verdacht aller Hardliner aussetzt, ein Religionsführer der Beliebigkeit zu sein. Und die Unfehlbarkeit des Papstes wird dann zu allererst von den konservativen Kräften der Kirche vergessen, wenn es darum geht, den inneren Widerstand gegen jede Öffnung aufzubauen und mit wirklich allen Mitteln dagegen zu arbeiten.

Wahrscheinlich wird jeder Papst, dem die menschliche Güte anzurechnen ist, daran scheitern, dass er zu allererst gläubiger Mensch sein will, und nicht Dogmatiker. Wer so redet und handelt und anderen den Spiegel vorhält, läuft Gefahr, durch innere Obstruktion und Schlimmeres am Ende mundtot gemacht zu werden. Wie auch immer.

Dabei hat der Piusbruder Gaudron in einem leider Recht: Die Öffnung der Kirche ist kein Mittel, neue Mitglieder der Kirchen zu gewinnen. Aber vielleicht misst sich der Erfolg einer Kirche heute, da wir so viel Wert auf Freiheit und Individualität legen, weniger an Bekundungen einer Gefolgschaft messen, als am Beispiel, mit dem wir andere zum ersten Nachdenken bewegen. Ich wünsche dem Papst Franziskus alles andere als die Einsamkeit eines Überzeugten, dessen warmes Herz in der Kälte von Marmormauern erfriert, und ich hoffe, dass unser aller Gott mit ihm mehr vor hat, als ich befürchte:

Möge sich in seinem Umfeld genügend menschliche Kraft bündeln, in der Inspiration echter göttlicher, in Menschen wohnender Liebe, dass tatsächlich von oben nach unten Revolutionäres gelingen kann. Glauben und hoffen mag ich immer… auch als Angehöriger eines Glaubens, der in bestem Fall in katholischen Augen der erste unter allen falschen ist.