Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Neugier ist ein guter Lohn

∞  21 Juli 2008, 06:48

Das Technorama in Winterthur – im Dienst der sich vermitteln wollenden Wissenschaft, nichts so verpflichtet wie dem Anliegen, natürliche Phänomene sichtbar und begreifbar zu machen. Eine ständige Einladung zur Interaktion ist vorhanden.


Wir haben dieser Tage Gäste im Haus. Freunde aus dem Ausland, welche den angenehmen Effekt auslösen, dass ich mich endlich mal an Stätten bemühe, die meine schöne Lebensumgebung ausmachen und echte Visitenkarten für die Schweiz darstellen.

So waren wir heute, gar auf Wunsch meines Besuches, der davon in Deutschland gehört hatte, im Technorama in Winterthur. Und unsere Freunde waren begeistert. Es hat geschätzte zehn Minuten gedauert, bis keiner von uns mehr untätig war: Sogleich hatte jeder seine erste eigene Erfahrung gemacht und versank in der Folge in ein Pendeln von Erleben und Begreifen in der Welt der physikalischen Phänomene.

Was daran so bestechend ist? Hier wird ein Konzept, das erst glasklar formuliert wurde, genau so klar und also konsequent umgesetzt:
Man lässt die Besucher das Experiment erleben und versucht dann, das Erlebte zu erklären. Dabei sind über 500 Exponate / Versuchsanordnungen darauf angelegt, Phänomene körperlich erlebbar zu machen. Es gibt keine Einschränkungen für die Handhabung. Alles, was sichtbar und greifbar ist, darf auch angefasst und gebraucht werden. Die Geräte sind so konstruiert, dass sie das aushalten – und die Besucher, mögen es noch so viele Kinder sein, überborden zwar in ihrer Neugier, aber nie in Aggression.

Ich habe in der ganzen Ausstellung vielleicht zwei oder drei Experimente gesehen, die im Moment ausser Betrieb sind. Das ist eine sagenhaft niedere Quote.

Wir haben heute Abend am Esstisch ausgetauscht, was dann wem am besten gefallen hätte. Keiner blieb stumm, und keiner wollte oder konnte sich auf nur etwas beschränken – und keiner nannte auf Anhieb das gleiche wie ein anderer Tischgenosse.
Hingehen und erleben!


Und einen Gedanken möchte ich daran anhängen:
Ich glaube, dass alle, die ein Internet-Angebot für User unterhalten, ganz egal, ob es kostenpflichtig ist oder gratis, sich hier ein Grundprinzip abschauen können:
Hier werden Adressaten ausgemacht für das Angebot: Alle Wissbegierigen und solche, die es werden wollen, von Kindern, Schülern, über Studenten bis zu allen interessierten Erwachsenen. So weit so gut.
Was dann aber besonders schön zu spüren ist: Die Adressaten bleiben im Mittelpunkt. Das Angebot wird nie schulmeisterlich. Es fühlt sich nur so gut an, wie es auch wirklich von den Benutzern verstanden wird.
Im Netz ist es schon mal üblich, dass sich Betreiber einer Plattform oder eines Informationsportals entnervt an kritische Nutzer wenden und denen vorhalten: Wisst Ihr eigentlich , wie viel Arbeit ich da rein stecke? Wer sollte besser wissen als ich, was es braucht?
Falsch. In dieser Ausstellung ist richtig fühlbar, dass sie sich nur so gut findet, wie es ihr gelingt, die Besucher in ihrer Neugier zu bestärken.

Wenn es jetzt Internet-Usern im Gegenzug noch besser gelingt, Kritik nicht nur in einer Forderungshaltung zu äussern, sondern dafür, nur so z.B., die Form von Vorschlägen zu finden, dann wird aus so manchem Internet-Museum vielleicht eine aktive, zeitgemässe Ausstellung mit Interaktion.


[Bildquelle: Rodeokreisel, Technorama Winterthur ]