Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Nachhaltig - aber natürlich! Wirklich?

∞  25 Mai 2011, 23:45

Nachhaltig gründlich ist unser Sinn für Nachhaltigkeit wohl noch nicht ausgebildet. Und ob wir überhaupt über das notwendige Wissen dafür verfügen?


Ich bin ziemlich sicher, das Folgende gilt nicht nur für die Branchen, in die ich Einblick habe:

Wenn eine gesellschaftliche Strömung feststellbar wird, sich der “Lifestyle” ändern könnte, zielt eine ganze Armada von Marketing-Experten darauf ab, diese Umschwünge aufzunehmen und entsprechende Anreize zu schaffen. Mit dem Thema Nachhaltigkeit ist das genau so. Fällt Ihnen nicht auf, wie häufig Sie dieses Wort plötzlich hören? Nur, was bedeutet das, wenn Marketingmenschen versuchen, möglichst vielen Menschen einen Kaufanreiz zu bieten – mit ökologischen Argumenten? Die Unehrlichkeit beginnt ja schon da, wo ich zum Kauf animieren will: Das Erste, was ich auszuschalten versuche, ist die ökologischste Gegenfrage überhaupt: Brauche ich das überhaupt?

Alle, die uns ein nachhaltiges Produkt verkaufen wollen, möchten ja selbst immer mehr verkaufen. Und was heisst nachhaltig? Wo beginnt die Akzeptanz? Wie weit lassen wir uns tatsächlich in die Pflicht nehmen als Anbieter und Einkäufer? Fragen wir auch nach Transportwegen? Was gewichten wir mehr? Luftverschmutzung oder verzögerten Abbau von Abfallpartikeln? Ist der Verzicht auf ölbasierte Materialbestandteile wirklich nachhaltig, wenn wir dafür pflanzliche Ressorcen abzweigen, die dafür der Lebensmittelproduktion verloren gehen (Sie können heute auch Kunststoffe aus Elementen des Maisanbaus herstellen)…? Das populäre bekannte Thema des Biotreibstoffs ist bei weitem nicht das einzige Problem dieser Art…

Und bei der Wälzung dieser Fragen, bei immer wieder neuen Abklärungen, spürt man ein weiteres Teufelchen sich in den Hinterköpfen regen: Wir müssen vorwärts machen, sonst ist die Konkurrenz schneller… Und das kann bedeuten, dass einmal streng formulierte Mindestanforderungen aufgeweicht werden.

Im Regal liegt dann ein Produkt, das ein bisschen ein besseres Gewissen schenkt. Hoffentlich zu Recht. Denn selbst dann, wenn wir es absolut ehrlich meinen und wir alle Wertschöpfungsketten der Prüfung unterziehen, heisst das noch lange nicht, dass wir mit einem neuen Trend nicht das nächste Problem schaffen – weil wir einfach nicht genug vernetzt denken können. Unsere Kombinationsgabe kann uns zu wirtschaftlichen Gewinnern eines Wettstreits machen – als Hüter der Welt tun wir uns unendlich viel schwerer. Doch wie sollen wir darin schnell genug massgebliche Fortschritte machen?