Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Monte Carlo: Rendez-Vous der besten Vier

∞  26 April 2008, 17:39

Ein As ist ein As. Punkt.
Das ist so beruhigend, dass ich mich hier gerne wieder mehr der realen Welt ausserhalb des Web-Netzes zuwende. Und zum Beispiel nach Monaco schaue.

Da haben wir die im Welttennis immer reizvolle Situation, dass die vier weltbesten Tennisspieler vereint im Halbfinale eines Turniers stehen, was einen Blick auf die unterschiedlichen Charaktere erlaubt, die noch so manche Geschichte schreiben werden und über die sich herrlich philosophieren oder mit dem Blick in die wahrsagende Kristallkugel spekulieren lässt.

Die Nr. 4, Nikolai Dawydenko. Als Ukrainer geboren, in Deutschland den Feinschliff erhalten, in seinen Überlegungen, deutscher Staatsbürger zu werden vom deutschen Tennisbund durch dessen Einschätzung gebremst, über zu wenig Talent zu verfügen. Heute russischer Staatsbürger. Der Mann ohne herausragenden einzelnen Schlag, ohne besonders guten Service, der Vielspieler, praktisch ständig on Tour, der Manipulation in Wettspielen verdächtigt, aber nie deswegen kaltgestellt (keiner spielt nicht nur so viel wie er, keiner gibt auch so oft in einem Spiel w.o.). Auf dem Platz ist da ein Spieler, der mit exzellenter Beinarbeit und hoher Spielintelligenz das Maximum aus seinen Möglichkeiten macht.

Die Nr. 3 Novak Djokovic. Noch nicht 21 ist er der Shooting Star und serbischer Nationalheld und viel weiter als je ein Spieler vor ihm in diesem Alter, dabei genau so frech, wie es junge Menschen sein müssen, wenn sie so weit kommen wollen. Sehr vielseitig, hohe mentale Stärke, enormer Zug in der Vorhand, auch noch in Extremis: Kein anderer Mann spielt diesen Schlag mit so viel Winkel auch noch aus der starken Beingrätsche heraus. Ein sehr stolzer Spieler, der umgekehrt die Kollegen gerne mittels Pantomime karikiert. Das beisst sich manchmal und vor allem die etablierten Konkurrenten kann das schon mal ärgern. Wie viel mehr Potential noch drin ist, weiss niemand. Dass es zur Nr. 1 reichen kann, ist offensichtlich.

Die Nr. 2 Raffael Nadal. Ein bisschen jünger als Federer, ein bisschen älter als Djokovic. Auf Sand respektiert, ja fürchtet ihn jeder. Auf allen anderen Belägen kann er so gut spielen wie er will – niemand will ihm seinen tatsächlichen Wert richtig zugestehen. Der Kämpfer, der den Body hat, der dazu gehört und noch etwas mehr: Kein anderer trägt so viele Muskeln auf den Platz und stellt diese so offensichtlich und schweissglänzend zur Schau. Dabei passt sein persönliches Wesen gar nicht dazu: Ein Arbeitstier, das bescheiden, fast scheu bleibt und auch nur zögernd englisch gelernt hat. Auf dem Platz aber verbeisst er sich geradezu in seine Gegner. Kein anderer beherrscht den Vorhandtopspin so gut wie er. Dennoch: Ihm könnte das Schicksal drohen, für alle Zeiten die beste Nr. 2 der Welt zu bleiben.

Die Nr. 1 Roger Federer. Was will ich über ihn noch sagen? Bleiben wir im Jetzt: Noch nie war es so spannend, ihn zu beobachten. Ganz wenige Niederlagen haben gereicht, das unbesiegbar scheinende Monster für seine Konkurrenten grundsätzlich angreifbar zu machen. Krankheit, Formbaisse, ein paar Niederlagen oder mühsamere Siege als sonst, und Roger ist Mensch geworden. Wenn er, wie es scheint, von allen am wenigsten Mühe damit hat, dies zu akzeptieren, kann er noch stärker werden. Nicht unbedingt in seiner Statistik allein, aber für das Erreichen seiner Träume. Dass er das Spiel so liebt, dass er diese Träume immer noch hat und dabei seinem Geschick gegenüber freundlich und bescheiden bleibt – nichts kann, wenn man so zielorientiert arbeiten kann wie dieser Mann, die bessere Voraussetzung sein, um Roland Garros doch noch zu gewinnen, und Olympia dazu.


Halbfinals Monte Carlo:
Nadal s. Dawidenko 6:3 6:2
Federer s. Djokovic 6:3 3:2 w.o.