Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Mitfreude - eine Freundschaftsgabe

∞  23 Juli 2013, 21:38

Wenn Menschen miteinander durch Freundschaftsbande verbunden sind, dann verstehen sie darunter ganz selbstverständlich Beistand in schweren Stunden. Dabei ist die Fähigkeit, sich für den Freund mit freuen zu können, mindestens so wichtig.

Erlebt ein Mensch eine schwere persönliche Krise, so ist aktiver Beistand nicht selten schwierig. Manchmal bleibt nur ein stilles Mittragen, ein Begleiten, ein sichtbar Bleiben.
Solche Krisen haben Phasen, und manchmal ist es darin ganz schwer, Mitleid oder Mitgefühl zuzulassen. Sich dadurch nicht zurückgewiesen zu fühlen, kann ein echter Freundesdienst sein. Ich kenne wenige Menschen, die in der Lage sind, aktiv auf einen Freund zuzugehen, wenn sie dann wirklich Hilfe brauchen – dabei ist auch dies ein ganz wichtiger Beitrag zur Freundschaft. Ist der Freund krank, so kann die Verstörung bei seinen Nächsten grösser sein oder gar länger anhalten als bei ihm selbst: Er legt Empörung und Schock darüber, dass es gerade ihn trifft, oft schneller ab als Freunde, die den Vertrauten nicht verlieren wollen.

Freunde sollten in zufriednenen bis frohen Zeiten jede Gelegenheit nutzen, sich näher zu kommen, einander zu erzählen, die Lebensgerüste zu vergleichen und beim Verstärken und Schrauben der Trittbretter zu helfen. In windstillen Tagen ist das sehr viel einfacher, als wenn Sturm aufkommt. Dann ist das Nachfragen oft schwierig, muss klar sein oder offen bleiben, was im Moment vielleicht verstört. Freunde bleiben greifbar, aber sie rechnen auch nicht auf, wenn Leidende ihre eigenen Kämpfe austragen müssen.

Geradezu leicht scheint da die gegenteilige “Disziplin” zu sein: Freude teilen. Aber stimmt das wirklich? Wie viele Menschen gibt es, die sich wirklich frei und offen für andere und mit andren freuen können? Die neidlose, begeisterte Freude über den Erfolg oder das persönliche Glück eines Freundes ist ein grosser, wertvoller Freundschaftsdienst – und der, dem dies zufällt, ist meist offen wie ein Scheunentor: Sein Herz hüpft noch ein bisschen höher, weil er erfahren darf, wie willkommen er ist, wie sehr im gegönnt wird, was das Leben ihm schenkt: Gerade der Glückliche weiss, dass er sich diesen Zustand nicht verdienen kann, und er kann sein Geschenk sehr viel bewusster feiern und tiefer verdanken, wenn es im Lächeln von Freunden geborgen ist. Darum: Wer kann, freue sich mit anderen. Und wenn er es nicht kann, so frage er sich, woran das liegt?