Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Mit uns armen Schweinen werden Kalbereien gemacht

∞  18 November 2013, 22:04

Antibiotika – Das Wundermittel, das zum Allheilmittel wurde, geht uns aus, weil wir daraus ein Produktionsmittel gemacht haben.

Dass immer mehr Bakterien resistent gegen Antibiotika werden und die Pharmaindustrie hektisch versucht, denn die Verdienstmöglichkeiten wären enorm, neue Stämme oder Kombinationen zu finden, die noch wirken, wissen wir seit längerem.

Aber den wenigsten dürfte bewusst sein, wo das Problem so genau her kommt. Wir können nämlich selbst noch so vorsichtig sein mit der Anwendung der Antibiotika, um eigene Erreger nicht dazu einzuladen, sich auf die Medikamente einzustellen und resistent zu werden – das Problem verschärft sich durch unser Essen.

istockphoto.com/MHJ: Take Your Medicine

In der Schweiz werden auf Bauernhöfen bei Nutztieren, vor allem Kälbern und Schweinen, Antibiotika eingesetzt: 57 Tonnen pro Jahr, um genau zu sein. Das Problem wäre ein bisschen kleiner, wenn die Kälber auf den Höfen “aufwachsen” würden, wo sie geboren wurden. Aber dieses Kalbfleisch könnten und wollten wir definitiv nicht bezahlen (hat die Lebensmittelindustrie und der Handel für uns entschieden, und peinlicherweise hat er in diesem Fall wohl recht). Und weil das so ist, werden die Kälber im Alter von etwa sechs Wochen in Mastbetriebe transportiert, und das ist ein Problem: Am neuen Ort in ungewohnter Umgebung ist die Ansammlung von Tieren enorm und der eigene vom Transport gestresste Organismus ist anfällig auf Krankheiten. Und deswegen wird, prophylaktisch oder zumindest reflexartig bei Verdacht in der Mast flächendeckend schnell und viel Antibiotika eingesetzt. Und das nehmen wir dann mit dem Fleisch zu uns.

Und weil diese Bakterien ziemlich raffiniert sind und, wenn sie Resistenzen bilden, diese an Artgenossen übertragen können, und zwar über die Grenze Tier-Mensch hinweg, haben wir nicht nur Nitrat im Salat, sondern die Grundlage für die immer breitere Antibiotikaresistenz von uns Menschen im Schnitzel.

Wie gesagt, das Problem ist nicht ganz neu, und so frage ich mich, ob der eigentliche Skandal nicht darin liegt, dass erst jetzt Gesetzes- und Lösungsentwürfe konkreter diskutiert werden, eine Vernehmlassung aber noch immer nicht stattgefunden hat und der ganze politische Entscheidungsprozess damit noch gar nicht ins Rollen gekommen ist.

—-

Anmerkung:
Der Titel ist dem Schweizer Dialekt entlehnt – man möge mir das jenseits der Landesgrenzen verzeihen.


—-