Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Mit keinerlei Mass

∞  15 August 2008, 07:30



Wie oft sind wir damit beschäftigt, das Verhalten anderer zu “vermessen”?

Wir haben klare Vorstellungen davon, wie etwas verlaufen sollte.
Wir hoffen, erwarten, sehen vor, wir vergleichen, stellen Ansprüche.
Unsere Veranlassung dafür kann ganz verschieden sein. Vielleicht fordern wir nur etwas ein, von dem wir meinen, dass es uns zusteht, vielleicht haben wir auch nur Angst, wir könnten zu kurz kommen, nicht wahr genommen, übergangen zu werden.

Ob wir die Ansprüche nahe der Anmassung aus Selbstsucht formulieren, oder aus mangelndem Selbstvertrauen heraus erfüllt bekommen müssen, ist für die Haltung gegen aussen kein wirklicher Unterschied.

In der Gruppe schliessen wir uns dem Urteil anderer an. Wir nennen es Moral, Anstand, Regel, Gesetz, Etikette, Stil, Bildung, Erziehung. Wir machen jemanden klein und ducken uns dabei selbst. Damit geben wir im Grunde schon zu, dass wir selbst den gleichen Ansprüchen nicht gerecht würden.
Sind wir laut und brüllen wir vor, so sind wir vor-gemerkt und erleben vielleicht “öffentlich”, was andere schon wissen:
In dem Moment, in dem wir den Hochmut besitzen, zu messen, sind wir schon selbst vermessen worden. Es braucht dazu gar nicht unbedingt den sichtbaren Fall zu einem späteren Zeitpunkt. Wer urteilt, schliesst sich im Grunde auch selbst aus. Die höhere Sache, die ein Urteil fordert, ist stets ein künstliches Konstrukt, das vor der eigenen Fehlbarkeit zusammen kracht wie ein Kartenhaus.

Selbst mit Erwartungen konfrontiert, haben wir manchmal das Gefühl, es niemandem und niemals richtig machen zu können. Vielleicht am allerwenigsten uns selbst. Wir vermessen uns selbst.

Das richtige Mass im Umgang mit anderen zu finden – wie im Auskommen mit sich selbst – ist gar nicht so einfach.

Keinem anderen, der sein Massband an uns legt, grosse Bedeutung zuzumessen (sic!), ist schon mal ein Anfang.

Unser innerer Schweinehund wie der Kobold unseres Selbstzweifels verbergen nur unsere Gewissheit, dass es keine höhere Autorität im eigenen Leben gibt als den Geist in uns, der uns fragt: Wie sehr lebst Du in Frieden mit der rinnenden Zeit?




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und
Zeit und Leere


einfach im gleichen Mass wie das Spiegelbild bleibenx