Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Menschensgüte

∞  6 März 2014, 23:53

Mein Tagesfazit: Begegnung ist nicht schwer – und sie schafft Leichtigkeit, bringt Reichtum, weitet Grenzen..

Das liebe Wort an den Kollegen, das Nachfragen, wie es ihm wirklich geht. Viel zu oft berichte ich zuhause, dass dieser oder jener “wohl eine schwere Zeit hat” – und wird ein wenig nachgefragt, muss ich eingestehen, dass ich genau das nicht gemacht habe: Nachfragen.

Man will ja niemandem auf die Pelle rücken, sagen wir ganz schnell. Wir respektieren Privatsphäre. Das ist oft Mumpitz. Denn, wenn wir nachfragen, merken wir doch sehr schnell, ob wir damit willkommen sind, oder ob wir bedrängen. Dann ist es immer noch Zeit, sich zurück zu nehmen – aber ich habe dann kund getan, dass ich durchaus hinhören kann – und will. Menschen, die eine schwere Zeit haben, finden sich dann besser zurecht, finden Freiräume, um sich zu organisieren und der Situation zu stellen, wenn sie Hilfe erfahren. Und die beginnt bei Kleinigkeiten. Eine Besorgung da, ein Briefchen dort, eine Kerze vor der Tür, eine kurze Botschaft. Es gibt so viele Situationen, in denen ein SMS wirklich viel mehr ist als nichts. Es gibt in einem schweren Krankheits- oder einem Trauerfall auch keine Souveränität, die gefragt wäre. Man darf ruhig auch als entfernter Bekannter überfordert sein. Warum aber nicht genau das ausdrücken? Ein kleines Zeichen, dass man gerade an jemanden denkt, dass Menschen in ihrem Loch nicht vergessen sind. Es sind oft gar nicht grosse Worte nötig. “Ich bin traurig”, genügt womöglich vollauf.

Es ist nicht wichtig, wie wir es ausdrücken – aber von wo aus. Wo stehen wir? Sind wir präsent? Die Tür für Überraschungen geht genau so auf, indem wir uns die kleinen bescheidenen Schritte getrauen. Und werden wir dann tatsächlich damit konfrontiert, dass wir eine Geschichte viel tiefer erzählt bekommen, als wir sie je kannten, dass wir um eine Hilfe konkret gebeten werden – dann werden wir feststellen, wie sehr sich diese Zeit und die Offenheit für die Hilfreichung lohnt. Das Leben ist Begegnung, Güte und Mitgefühl. Es sind die wichtigsten Kräfte überhaupt, die wir Menschen frei setzen können.