Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Menschen, die (bald) nicht mehr bloggen, aber weiter schreiben werden

∞  18 Juli 2010, 21:59

Frau Zappadong wird nicht mehr bloggen. André Marty auch nicht. Und was Moritz Leuenberger machen wird, wenn er einmal nicht mehr Bundesrat ist, das wird man sehen.

Drei sehr unterschiedliche Beispiele interessanter Menschen, denen ich ohne die virtuelle Nähe als Blogger nie begegnet wäre. Und für alle drei gilt: Sie schreiben natürlich weiter. Sie sind schreibende Menschen, in erster Linie, und nicht Blogger. Ihnen allen aber ist gemeinsam, dass sie im Web-Medium Blog eine Kommunikations- und Schreibform entdeckt haben, die ihnen selbst neue Möglichkeiten eröffnete. Sie haben nicht einfach gönnerhaft über “dieses neue Dings” gesprochen, sondern sie haben es als eigene Arbeitsform ausprobiert, damit experimentiert und es in ihrer Arbeit und gemäss Ihrem persönlichen Seblstverständnis auch eingesetzt. Sie haben damit viele Dinge bei anderen Menschen angestossen, und ich bin sicher, dass sehr, sehr viele Menschen Weblogs erst durch sie überhaupt erfahren haben, was Blogs sind.

Sie alle sind auch engagierte Menschen, und wenn Frau Zappadong und André Marty aufhören, dann klingt, in unterschiedlicher Weise auch Erschöpfung mit, vielleicht auch eine Art Desillusion, dass sich viel weniger bewegen liess, als erwartet? Bei Moritz Leuenberger nimmt die ganze Schweiz “teil” an seinem Rücktritt, und sehr viel mehr als wir alle dürfte ihm die Frage ungefragt beantwortet werden, von Kreti und Pleti, was sich an seiner Arbeit gelohnt hat und was nicht.

Da bleibe ich doch lieber nochmal rasch bei der kleinen unscheinbaren Welt des Bloggens und vergegenwärtige mir meine eigenen Stürme, die ich damit erlebt habe. Dabei denke ich einmal mehr wehmütig an die tollen Köpfe mit grossen Herzen, die mit mir oder im Widerstreit mit mir so manche Diskussion in Kommentaren bestritten haben – und sich irgendwann erschöpft abwandten, weil sie im Kreis der Debattierenden so wenig Bereitschaft zum Zuhören vermuteten – und auf jeden Fall nichts davon spürten – oder viel weniger als erhofft.

Ihnen allen – und ganz besonders auch mir lege ich das folgende Zitat des Dalai Lama auf den Tisch und vor die Nase:

Es ist nicht von Belang, ob Sie stark oder schwach sind und ob Ihre Sache viele oder nur wenige Anhänger hat:
Die Wahrheit wird siegen.


Wenn wir eine Sache also verfolgen (oder auch wenn wir ein Mittel hierzu abschliessen oder ein Projekt beenden), so sollten wir dabei immer die eigenen Seelenhygiene im Kopf haben: Was wir tun, tun wir tatsächlich für uns. Für den inneren Blick auf uns. Für das, was, ehrlich empfunden, gesehen und erarbeitet, für uns Wahrheit ist.
Wir können niemals verlangen, dass andere es genau so sehen. Aber wir können bei dem bleiben, was für uns wahr ist. Und genau so, wie wir selbst dazu lernen, so tun es andere. Am Ende überzeugen sie uns, geben uns etwas mit, was unser Bild vervollständigt. Echo, Reaktion, Zustimmung oder Ablehnung, Ignoranz, Eitelkeit statt Ernsthaftigkeit, das alles ist uns vielleicht Umtrieb und Ärger. Und unserer eigenen Eitelkeit eine Riesenaufgabe. Der Wahrheit aber ist es, im Grunde, egal. Niemand besitzt mehr Gleichmut als sie. Denn niemand hat so viel Zeit wie sie.

Und was wir selbst tun können, um den Wahrheiten, die wir kennen, zum Durchbruch zu verhelfen, hat sich in höhere Pläne einzufügen. Wir sind Rädchen. Aber die Art, wie wir drehen, wie wir in andere greifen mögen, können wir verstehen lernen. Und wenn wir dazu schreibend besser finden, werden wir das tun. André Marty wird weiter schreiben, Gott sei Dank, Alice auch, wäre ja noch schöner, und Moritz Leuenberger ganz bestimmt auch. Mit mehr Musse – und für Leser. Nicht mehr so sehr für uns Bürger. Auch daraus kann wahrlich Wahrhaftiges werden.