Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Mehr Liebe für das EINE Thema!

∞  5 Oktober 2009, 19:35

Doch ist die Liebe ja sehr vielfältig, und kein Mensch versteht sie wohl genau gleich, erlebt sie genau so, wie ich, wie Sie, wie der Zyniker nebenan, der plötzlich weich und still wird, oder der Choleriker, der unvermittelt eine Sache etwas krumm stehen lassen kann.

Doch dies alles bezeichnet nur die eine Facette der Liebe, welche eigentlich das Verliebtsein meint, die Schmetterlinge im Bauch, das Fallenlassen jenseits aller scheinbaren Vernunft, die einfach lebt und nimmt und gibt, als gäbe es kein Morgen. Es kann eh nicht so schön sein wie die Gegenwart… Liebe ist ja doch aber etwas ganz anderes, ist sehr viel umfassender, breitet jenseits des Begehrens eine sehr viel weitere Flügelspanne aus und engt doch niemanden ein: Es gibt auch Liebe, die nicht besitzen will, die Freiheit schenkt und sich über nichts so freut, wie darüber, wenn Menschen, die begleitet werden, den eigenen Weg gehen können.
Und es gibt Liebe, die keine Ansprache braucht, sich nicht mitteilen muss, die stillen Dank sagt, im Augenblick, in dem eine Schönheit wahr genommen, eine Blüte bewundert, die Glasscherbe vom Boden aufgehoben, zu reflektieren beginnt im Sonnenlicht. Eine Liebe, welche Gefühle nicht von sich weist, sich nicht lustig macht, nur weil etwas peinlich berührt. Es gäbe sehr viel mehr Liebe, die sich zeigen dürfte, wenn wir nicht so ein verklemmtes Verhalten an den Tag legen würden, je sorgloser wir leben können und je weniger wir an unseren Tod denken. Jede Generation tut es ein bisschen weniger. Und erfindet stattdessen den Enthusiasten, den Naiven, die Phantasten, den Gutmenschen. Ihn vor allem, Ausbund und Inkarnation, Abbild einer Lächerlichkeit, womöglich von selbstsüchtigen Motiven geleitet oder zumindest zu einem Scheitern verurteilt, das man sich doch selbst bitte besser gleich erspart.
Und ich glaube, in dieser allgemeinen Tendenz, der Liebe jenseits von romantischen Teenager-Blogs keine wirkliche Stimme im Netz mehr zu geben, liegt das virtuelle wie reale Elend: Wir wagen sie eigentlich gar nicht mehr. Selbstlos kennen wir sie nicht, und einem Partner zugewandt trauen wir ihr nicht zu, in der Trägheit der relativen Langeweile und Sorglosigkeit zu bestehen. Das Leben ist ohne die Ewigkeit eh immer kürzer geworden: Wir haben mehr Jahre als je zur Verfügung, um mit dem Leben anzufangen, und kommen doch viel weniger weit als je. Wir denken nicht mehr hinter das Ende, wir denken es gar nicht.

Dabei wäre göttliche Liebe, die in uns angelegt und erfahrbar ist, die Chance einer Annäherung an das Ewige in uns.

Tja. Warum schreibe ich nicht mehr davon? Genau diese Frage treibt mich dieser Tage um. Habe ich Angst, man könnte mich nicht ernst nehmen? Dieses Blog würde zu einer verklärten Begegnungsstätte von Esoterikern? Ist das Thema zu wenig männlich? Warum nur habe ich schon unzählige Male daran gedacht, der Liebe ein schreibendes Augenmerk zu schenken, habe dies aber nicht hier vorgesehen, sondern mir vorgestellt, ein anonymes separates Blog zu beginnen? Ja, ich habe Angst. Ich glaube, ich fürchte die Armut in der Welt. Dass genau solche Themen missverstanden, romantisiert, verklärt, aber auch verlacht, abgewehrt und zu Kleinholz gemacht würden. Denn nichts beelendet mich mehr wie die Einsamkeit von Menschen, die, ob sie es wissen oder nicht, wahre Liebe nicht wirklich kennen.
Und darum IST das Thema jede Seelenpein wert. Und darf es davon mehr geben. Genau hier.

Ich möchte wieder mehr Gründe liefern, dass Menschen nach einer Lektüre geradezu darauf warten, dass sie jemanden anlachen können.