Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Mal eine Frage haben. Eine wirkliche.

∞  14 Juli 2011, 22:07

Wenn ein Interview einen Interviewten fremd bleiben oder ihn gar uninteressant erscheinen lässt, dann liegt das wohl allzu oft an den Fragen – denn sie geben meist die Antworten vor – gerade bei Sportjournalisten.


Bekannte Menschen müssen sich oft sehr langweilen, wenn sie ihre so genannte Öffentlichkeitsarbeit leisten – und Journalisten Rede und Antwort stehen. Nirgends wird das so offensichtlich, wie beim Sport. Denn je dämlicher diese Fragen sind, um so häufiger scheinen sie gestellt zu werden. Das dürfte nicht (nur) damit zu tun haben, dass Sport nun mal die Sparte ist, in der es auch Leute vors Mikrofon spült, die tatsächlich nicht viel zu sagen haben – weshalb es vielleicht besser ist, ihnen die Antworten mit der Frage direkt in den Mund zu legen – oder froh zu sein, wenn wenigstens die erwartete Banalität in klaren Worten zurück kommt. Ich glaube, viele Journalisten wissen gar nicht, wie sehr diese Haltung, die sie innerlich für ihre Gesprächspartner haben, auf sie zurück fällt. Keine Frage kann nämlich so kurz sein, dass darin nicht die fehlende Substanz Platz hätte – und auch zu erkennen ist für jene, die sich dann die Antworten anhören müssen.

Direkt nach einem Anlass mag ja oft nicht der gute Zeitpunkt sein, um mehr zu erwarten als eine Platitüde – dennoch wüsste ich gerne, welcher Sportreporter sich im voraus mal einen Schubs gibt, um sich für einmal eine etwas weniger abgedroschene – oder gar eine intelligente Frage zu überlegen.

Es gibt aber Sendeformate, die eigentlich den nötigen Raum böten, um mehr von einem Menschen in Erfahrung zu bringen als das Abgedroschene – und dann wird der Frager oft wirklich zur Enttäuschung. Ein Beispiel ist für mich das sonntägliche Interviewformat im Sportpanorama, das oft viel zu wenig genutzt wird, um über die aktuellen Eckpfeiler hinaus einen Sportler in der Sendung wirklich näher vorzustellen. Wirklich Sportinteressierte kennen den Werdegang der Person schon einigermassen – darüber hinaus erfahren sie aber kaum Neues – und der Sportler kriegt gar keine anderen Fragen gestellt als die, ob er sich denn nun über seine Erfolge freuen würde? Ja, was denn? Natürlich ist er zufrieden, denn weil er erfolgreich ist, wird er ja eingeladen. Wenn also die dazwischen gestreuten Filmsequenzen zur Person interessanter sind als die Antworten live im Studio davor und danach, dann liegt das sehr oft auch am Moderator, und nicht so sehr am Sportler.

Ich denke manchmal, dass ein bisschen mehr Respekt und Mut, auch zur Lücke oder zur kurzen Gedankenpause, manchmal tatsächlich eine Überraschung bieten könnte – und einem jungen Menschen wirklich die Gelegenheit böte, etwas von sich zu erzählen.

Oder ist es heute so, dass die Überforderung unweigerlich alle Beteiligten erfasst, wenn plötzlich Zeit da wäre, wirklich miteinander zu reden – oder jemanden tatsächlich einmal reden zu lassen?