Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Lust und Frust in Lissabon

∞  15 Juni 2009, 00:05

Lissabon, 14. Juni 2009

kann man in einer Stadt auch zuviel Zeit haben? Es scheint fast so. Auf jeden Fall können die Tage ganz schön lang werden, wenn man wie wir dreizehn Stunden in der Stadt unterwegs ist, und dabei ohne längeren Unterbruch auf Schusters Rappen durch die Gassen streift, kaum je länger unterbrochen durch ein ausgedehntes Essen oder eine sonstige längere Rast. Und als wir uns dann also schon selbst angenockt hatten, war es für ein Lokal mit dem netten Namen Pasteleria da Suiza am Russio ein Leichtes, uns den Knockout zu verpassen: Dabei waren wir ja gerade willens, noch eine Süßspeise zu bestellen, als der Kellner den Kaffee schon mal einkassieren wollte: Schichtwechsel. Der schwarze Filterkaffee in der großen Tasse wurde uns da als doppelter Espresso verkauft und kostete pro Nase Euro 3.50. Das sind, sic, tatsächlich Schweizer Preise, und für Lissabon absolut unüblich (wir haben wirkliche Espressi für 90 Cent bis € 1.50 getrunken!). Also, liebe allfällige Lissabon-Besucher der Zukunft: Die Finger von dem Lokal lassen!

Thinkabouts Wife schimpfte noch viel zu lange (solche Triumphe versuche ich keinem Schlawinger länger als absolut nötig zu gönnen) vor sich hin, so ärgerte sie sich – und am Ende vor allem über sich selbst, weil wir im Moment so perplex waren, dass wir nicht einmal mehr nachfragen konnten und wollten. Wir haben die Dessert-Karte mit den Eis-Spezialitäten einfach wieder hin gelegt, sind aufgestanden und gegangen. Das war, leider, alles.

Und dann irrten wir ein bisschen auf dem Rossio herum, diesem herrlichen, großen, von wunderschönen Fassaden umsäumten Platz, bis wir uns schließlich in dessen Mitte auf einem Gesteinsquader zusammen hin hockten und die Tage Revue passieren ließen. Dabei war auch die Tatsache ein Thema, dass man sich auch im Internet nur bruchstückhaft informieren kann und JEDE Form von Informationsflut immer auch Desinformation beinhaltet. Interessant ist z.B., dass wir auf keiner Webseite im voraus lesen konnten, dass die ganze Strecke entlang der E15 am Tejo gebaut wird – und schon gar nicht, dass der wohl schönste Platz Lissabons, der Praca de Commercio zur Zeit eine einzige riesige Baustelle ist, eingezäunt von weißen Bretterverschlägen.

Natürlich ist Lissabon auch jetzt eine Reise wert. Aber vor Ort bleiben die Momente nicht aus, in denen man sich über solche Dinge sehr ärgert. Vor allem und ganz sicher, wenn man müde wird und solche Restaurant-Besuche verarbeiten muss…

Also gehen wir jetzt schlafen. Morgen ist ein neuer Tag. Und noch einer in dieser wirklich schönen Stadt!