Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Liebe, unerschöpflich

∞  8 Juli 2008, 21:17

Kein Thema ist so unerschöpflich wie die Liebe. Und nie ist es leichter zu ertragen, dass es unmöglich ist, die Essenz dieses Gefühls und dieser Lebenskunst umfassend zu beschreiben. Es wird dazu nie alles gesagt sein – genau so wenig, wie wir je ausreichend lieben werden.


Danke, wenn ich in Deiner Liebe und Güte so viel Kredit habe!

Schön, wenn Sie so empfinden können in einer Beziehung, einer Freundschaft. Ihr Partner wird vielleicht antworten:

Kredit? Du hast einen Stein im Brett bei mir. Mein Zutrauen ist grenzenlos. Ich würde daher eher von Deinem Guthaben reden, so oft hast Du mir schon gezeigt, wie Du mich liebst.

Ihm ist es nicht wohl, sie sich in einer Schuld vorzustellen. Es ist ihm zuwider. Wenn sie sich nun zusammen in der Mitte treffen, dann ist es gut:

Wir wollen und sollen vertrauen können, wir möchten geliebt werden und lieben können. Dies alles können wir aber dann am besten, in der Wechselwirkung von Geben und Nehmen, wenn wir weder ein Guthaben aufbrauchen, äufnen oder einen Kredit beanspruchen, abtragen müssen oder können.

Wer liebt, rechnet nicht auf noch vor. Er trägt nicht nach. Es werden keine Bilanzen erstellt, sondern Entdeckungen gemacht.
Liebende sind sich einander so nah und darin so frei, dass sie sich in ihrem eigenen Leben Stand schenken und bekommen. Sie geben sich Raum und interessieren sich doch für jeden Schritt des Partners. Sie freuen sich am Geteilten und machen den Anderen doch nicht zum Eigenen. Sie bleiben Zwei und sind darin ein Du und Ich. Im “Wir” bündeln sich die gemeinsamen Erfahrungen, die liebevollen Gewissheiten, die überstandenen Stürme, die geteilte Neugier auf das Kommende, die Freude an der Gegenwart, der Stolz, eine vollwertige Person zu sein, das Wunder, in seinem eigenen Willen ernst genommen zu werden.

Und in Allem, was einem fremd bleiben mag, bleibt der Respekt für die Talente und Bedürfnisse des Anderen lebendig, die ohne mein aktives Mitwirken, aber mit meiner aufrichtigen Akzeptanz genau so gut oder gar besser zur Geltung kommen können und sollen.

Liebe ist ein Mysterium, eine Kunst, ein Gottesgeschenk, und sie scheint über uns zu kommen, ohne dass wir wissen könnten, wie uns geschieht.

Und dann flehen wir, sie möge lange genug über uns schweben, dass wir ihr Geheimnis begreifen und den Dank dafür lernen, dass sie so manches verzeiht, sich emanzipiert, entwickelt und uns lehrt, dass nicht das Vollkommene das Glück ist, sondern das Ganze, das wir in seiner Widersprüchlichkeit und Komplexität nicht begreifen mögen, aber mit Hilfe der Liebe nicht nur ertragen, sondern annehmen können.




Bild: © Thinkabout 2007
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