Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Lernen zur Zeit. Mit Freude, wann immer möglich.

∞  13 Juni 2011, 21:13

Wann lernt der Mensch was am Leichtesten? Über den besten Anfang einer Ausbildung, Schulung, und über die Art des Stoffes schon im Kindergarten wird endlos debattiert. Beim Sport ist es ähnlich. Aber Sportmöglichkeiten können einem auch erst spät eröffnet werden. Meist lässt man es dann bleiben, weil das Lernen mühsam ist, und man sich nicht blamieren will. Falsch gedacht. Findet auch Benno.


Die Debatten sind endlos: Wann “hat” ein Kind “was” zu lernen? Wann lernt es “leicht”, spielerisch, ganz natürlich, mit möglichst wenig Stress? Und wie geht man mit Talent um, wie schnell soll daraus eine Verpflichtung werden (daraus muss man doch was machen!)?

Ich hoffe doch sehr, dass sich solche Fragen bei sportlicher Betätigung ein wenig entspannter wälzen lassen, als wenn es um schulische Leistungen geht… Dann wäre ja auch Raum da, um die immer gleiche Feststellung auch auf dem Tennisplatz zu untermauern: Das erste (Vor)Bild, welches Kids abgeben können, ist die Lust, mit der sie sich einer Sache widmen können – und diese Lust und damit die ganze Konzentration gilt sehr schnell nur noch dem Ball. Ich habe gestern in diesen Tagen einem Jungen zugeschaut, etwa zehn Jahre alt, der seinem Vater mehr oder weniger eine Tennislehrstunde gewährt hat: Vater ist wohl erst als junger Erwachsener zu diesem Sport gekommen, hat ihn leidlich gelernt, wohl auch mit Trainern, aber natürlich bleibt da vieles hölzern und ungelenk, während sein Junge ganz offensichtlich von Anfang an jede Lektion ganz anders adaptieren konnte – mit einem Drittel an begleitenden Gedanken und einem Vielfachen an Bewegungsdrang und –instinkt.

Dennoch bleibt für mich wie für den Trainer ein ganz anderer Schüler die Sensation der Saison: Benno ist dreiundfünfzig und, gelinde gesagt, unsportlich. Benno kennt Sport nur als Konsument vor dem Fernsehen, aber er hat nun so oft bei uns einen kleinen Schwatz gehalten, dass sie ihn nicht mehr los liess, diese Frage, wie schwer oder eben leicht es sein mag, so einen Ball mit diesem Schläger zu kontrollieren. Vor allem hat Benno eine Tochter, der er die Chance geben will, das Spiel zu lernen. Und damit sie auch dabei bleibt und er umgekehrt mitreden kann, ist er nun selbst zum Schüler geworden. Sein Tennislehrer ist begeistert – schlicht vom Mut, den Benno damit beweist – und von der Energie, die dafür notwendig ist, seine lieb gewordene Trägheit abzuschütteln – und sich umgekehrt vor bekannten Blicken möglicherweise Spott auszusetzen – auch der entlegenste Platz bei uns ist vom Clubhaus ein bisschen einsehbar…

Nun, Benno hat die ersten Lektionen hinter sich. Sie sind schweisstriefend für ihn, und es gibt viel, sehr viel zu koordinieren in völlig unvertrauten Bewegungsabläufen. Aber Benno erfährt echte Wertschätzung, und das völlig zu recht: Er schlägt sich tapfer, zeigt Willen und durchaus auch Ballgefühl. Der Blick in seine Augen lässt nicht auf Qualen schliessen, auch wenn, das können sie mir glauben, es verflixt schwer ist, in dieser Situation nicht am eigenen Unvermögen zu verzweifeln. Nun, Benno strahlt, und steckt damit an. Es ist ein schöner Sport, und Tennislehrer kann ein schöner Beruf sein. Für einmal muss sich mein Kollege nicht mit kritischen Eltern auseinandersetzen, die finden, ihr Kind müsste anders gefördert werden – nein, hier stieg Papa selbst in die Hosen – und wird sich daher hüten, die schwierigen Anfänge seiner Tochter falsch einzuschätzen. Benno, lass Dir sagen, dass Dein Mädchen viel schneller lernen wird als Du. Aber ich glaube, das ist für Dich völlig in Ordnung.

Ich wünsche Euch auf jeden Fall sehr, dass Ihr Beide viel Spass haben und durchhalten werdet. Und geniesst jedes Erfolgserlebnis. Meinen Respekt habt Ihr eh schon. Weil Ihr durchaus auch Lehrer seid für mich und meine manchmal fürchterliche Angst, mich irgendwo blamieren zu können. Pustekuchen. Ich werde noch oft an Euch denken.