Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Lebensfreude in der Küche

∞  4 Dezember 2010, 20:45

Einen Spätnachmittag und einen frühen Abend lang hatte ich ein bisschen “Küchendienst”. Und wieder einmal sitze ich nun mit der Gaumenerinnerung an ein eben genossenes Festmahl auf dem Sofa. Durch die Wohnung streichen nun die Düfte, welche den Nikolaus per 6. Dezember vorankündigen.

Es ist immer wieder schön, mit Alltagsverrichtungen, die so tolle Dinge herzaubern, jegliches Unbehagen über “die Welt” zu verscheuchen. Es liegt ein Trost darin, sich auf die Arbeiten ganz konzentrieren zu dürfen, mit denen ich Hilfsrüster und Obercasserolier die Zaubereien von Thinkabouts Wife mit begünstigen kann, so dass ihr die Arbeit ein bisschen leichter von der Hand geht. Und es liegt eine friedfertige Ruhe in der geschäftigen Zufriedenheit, mit der sie um mich herum wuselt und werkelt, ohne im grössten Tohuwabohu wirlich einmal die Übersicht zu verlieren.

Ansteckend ist das, tröstend, und es erfüllt mich immer wieder neu mit Ruhe. Wir haben in diesem Jahr an vielen Veränderungen um uns herum mit gelitten, haben viele Um-brüche erlebt und in so manchem Fall mit anderen die Sicherheit geteilt, dass nichts wirklich sicher ist, was äusserlich Halt verspricht…

Ich weiss: Gerade in diesem Blog wird immer davon geschrieben, dass wirklicher Halt, Ordnung und Heimat nur in sich selbst tatsächlich zu finden ist. Aber es ist dennoch häufig nicht leicht, zu akzeptieren (gerade im Mitsorgen für andere), dass dies mit viel Leid verbunden sein kann.

Dazu kommt, dass ich alt werde, und ich hätte nicht gedacht, dass dies vor dem fünfzigsten Geburtstag schon geschieht: Wenn ich das, was ich im geschäftlichen Alltag, im öffentlichen Leben, in Politik, Sport und Kunst orte und über die letzten dreissig Jahre einander gegenüber stelle, dann erschreckt mich die Kühle, mit der heute Ideale verlacht, oder noch schlimmer, still begraben werden: Staat und Gemeinwesen sind nur noch fremde Gebilde, an die man allenfalls Forderungen zu stellen hat und denen man Skepsis entgegen bringen soll – die eigene Verantwortung aber bleibt darauf reduziert, für sich selbst sorgen zu können. Liegt das am Ende auch daran, dass wir heute kaum mehr konkrete Bedrohungen kennen? Denn jene, die bestehen, sind so gross, dass sie nicht wirklich fassbar werden: Klimaerwärmung, globale Finanzkrise… Wie soll sich da der Einzelne verantwortlich fühlen, wenn es nicht mal “ganze Staaten” tun?

Für sich selbst sorgen können und alles andere dem Lauf der Dinge überlassen – das reicht doch nicht, um glücklich leben zu können! So steril wird doch niemand seines Lebens froh, es sei denn, er hat gar keine Vorstellung mehr davon, was das alles beinhalten könnte, dieses Leben. Oder geben wir uns je länger je mehr mit immer weniger unzufrieden?

Was ich aber kann: Morgen wieder in die Küche stehen und fragen: Wie und was kann ich helfen?