Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Langfinger mit leichtem Spiel

∞  12 Februar 2012, 17:00

Man hat schön Platz in der ersten Klasse in der Bahn, zumindest meistens. Dies gilt, obwohl die Bahn häufig mit Spezialtarifen lockt, von denen auch ich profitiert habe. Die Ruhe war lange sehr schön, bis schliesslich ein Mann mit hochrotem Kopf darum bat, einen Anruf mit einem Handy machen zu dürfen: Seine Handtasche (ja, so was gibt’s auch für Männer), war weg: Pass, Geld, Schlüssel, Kreditkarten – alles weg.

Ich gestehe gern, dass ich dachte, der ältere Herr würde plötzlich Entwarnung geben, weil er sein Täschchen schlicht woanders hingepackt hatte ohne sich noch daran erinnert zu haben.
Aber nichts da. Dann zeigte er dem Zugbegleiter, wo er gesessen hatte und wo sein Mantel lag mit der Handtasche. Der Mantel war auf einem Einzelsitz ausgebreitet und das schicke Pelzinnenfutter versprach kuschelige Wärme und edle Verarbeitung. Das Nebenabteil war leer. Ich hörte den Mann sagen:

“Also, ich war ja seit Zürich auf Toilette, aber ich versichere Ihnen, höchstens zwei Mal.”

Menschen, die bestohlen werden, brauchen in ihrer Situation nicht Besserwisser-Ratschläge. Wir haben auch nichts gesagt und uns nur kurz angeschaut.

Es ist ratsam, auf Bahnreisen die Wertsachen immer bei sich zu tragen – oder deren Bestandteile in mehrere Segmente aufzuteilen – und locken bzw, speziell neugierig machen sollte man Langfinger auch nicht. Dennoch blieb auch für uns Alle ein schaler Nachgeschmack: Niemandem ist jemand aufgefallen, der durch den Gang lief oder sich in irgendeiner Weise auffällig benommen hätte. Wie wenn sich ein Geistwesen seinen Spass mit uns hätte machen wollen.