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Lance Armstrong, hochmütiger Anti-Held

∞  11 Oktober 2012, 21:00

Jetzt ist er also raus, der Bericht der Usada, der amerikanischen Antidoping-Behörde zuhanden des Radsport-Weltverbandes, über die Doping-Praktiken des Sportheroen Lance Armstrong, des siebenmaligen Tour-de-France Triumphators.

istockphoto.com/koun

Die Geschichte ist wohl beispielslos. Von den sportlichen Meriten her ist der Amerikaner die absolute Lichtgestalt dieses Sports, mit phänomenalen Leistungen und einer ganz besonderen Lebensgeschichte. Lance Armstrong genügte es nicht, siebenmal die härteste Rundfahrt der Welt zu gewinnen, er besiegte so nebenbei auch noch ein Krebsleiden.

Ein Mann mit einem eisernen Willen – und einer Ausstrahlung, so kalt wie eine Hundeschnauze. Heute scheint klar, dass Lance Armstrong nicht nur über seine ganze Karriere hinweg gedopt hat, sondern dass er dies auch weiter führte, als er wieder in den Zirkus eintrat, um allen seine Leistungen “in Sauberkeit* endgültig zu beweisen.

Das “besondere” Doping*test*porgramm, zu dem sich seine ganze Mannschaft verpflichten musste? Bald Schall und Rauch, nur Fassade. Das ist überhaupt das eigentlich Unerhörte an diesem Fall Armstrong:

Da wird jemand des Dopings überführt, der sich jahrelang als Saubermann seines Sports verkaufte, der eine Rolle in der Öffentlichkeit spielte, welche diametral dem widersprach, was er im Hotelzimmer und im Mannschaftsbus trieb. Die Unvervrorenheit, mit der er jeden zu manipulieren versuchte und weiter fremdsteuern will, scheint geradezu manisch zu sein. Und es kommen einem auch Bilder aus den Rennen in den Sinn, bei denen man manchmal den Eindruck bekam, das ganze Feld kusche vor dem Chef.

Tatsache ist, dass der Radsport über viele Jahrzehnte ein vom Doping verseuchter Sport war – und niemand vermag mit Sicherheit sagen, dass er es heute nicht mehr ist. Aber selten hat ein Falschspieler sich öffentlich so sehr für Ehrlichkeit einesetzt und sie lautstark für sich reklamiert. Das System an Druckausübung auf Schwächere, von Geben und Nehmen mit Verbündeten, muss ganz ausgeklügelt gewesen sein, und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viel Energie laufend darauf verwendet wurde, werden musste, um keine Lecks zu gestatten.

Umgekehrt ist zu beobachten, dass es einer, der mehr als ein Jahrzehnt lang die ganze Welt zum Narren halten konnte und eh zum Hochmut neigt, im Erfolgsfall unheimlich schwer hat, auch nur einigermassen Bodenhaftung zu bewahren.

Lance Armstrong wird noch sehr lange nicht müde werden, zu betonen, wie schwach die Beweise seien, wie fertig und gekauft die Zeugen, wie hassgetrieben die Arbeit der Ermittler. Lance Armstrong für die gute Sache, und die heisst Lance Armstrong. Seine Krebsstiftung scheint sehr erfolgreich Geld gesammelt zu haben. Es gab genug Menschen, Fans und Radsportbegeisterte, die einfach nicht wahrhaben und sich nicht vorstellen konnten, dass diee Form des Betrugs und der Medikamentenmissbrauch, der dazu gehört, so rigoros betrieben werden kann – zumal von einem, der dem Tod schon mal von der Pritsche gesprungen war und damit doch zum Helden geboren war. Keiner scheint davon so überzeugt gewesen zu sein, wie Armstrong selbst. Und dafür war er bereit, einfach alles einzusetzen.

Es ist wirklich eine beklemmende Horror-Geschichte.

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Zum Thema:
Doping für eine Million Dollar
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Ausgeklügeltstes und professionellstes Dopingprogramm im Sport
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und da zum Thema allgemein:
Dossier Doping