Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Kritische Nachbarn

∞  4 März 2009, 18:28

Heutige Beobachtung in der Migros:
Zwei ältere Damen im innigen Gespräch. Die eine, ein wenig grösser, leicht vornüber gebeugt, der Gesprächspartnerin zugewandt, und diese, nicht unfreundlich, aber zurückhaltend, mit leicht eingezogenen Schultern.

Ich stehe am Kaffeeautomaten – die einzige Maschine, an der ich spiele, da gewinne ich immer: der Kaffe ist gratis. Und ich höre zu. Es geht um neue, zu dicht schliessende Fenster und darum schimmelnde Wohnungen – und um Mietzinserhöhungen, immer wieder, zuletzt 40 Franken für den Froschteich im allgemeinen Garten, als ob sie den gewollt hätte. Aber sie würde da noch einen Brief schreiben, verlassen Sie sich drauf. Die engagierte Dame spricht hochdeutsch, ihre Nachbarin Dialekt. Sie widerspricht nicht, ist ganz offensichtlich gleicher Meinung, und doch ist ihr so viel Entrüstung peinlich oder zumindest unangenehm.
Aber sie sagt: “Machen Sie das ruhig, schreiben Sie einen Brief. Das können Sie ganz bestimmt gut, auf jeden Fall viel besser als ich!” Die beiden verabschieden sich. Zwei Minuten später wird die Schweizerin von ihrer deutschen Nachbarin von der Auswahl ihrer Yoghurts abgehalten und erneut bearbeitet.

Ich schaue meine Frau an. “Eindeutige Mentalitätsunterschiede”, sage ich nur. Und irgendwie gilt mein unsichtbares Kopfschütteln beiden Frauen.

Dann machen auch wir uns ans Einkaufen.