Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Kommunikation und Gespräch

∞  10 März 2007, 07:37

Das Internet bietet eine Fülle neuer Kommunikationsformen. Zu dieser Aussage komme ich nur schon durch den Blogaustausch und das liebe alte gute E-Mail: Das Phänomen “Chat” und Internet-Spielplattformen wie “Second Life” lasse ich dabei noch ganz bewusst ausser acht.

Denn schon so stelle ich fest:

Kontakte im Netz sind oft schnell geknüpft. Was den einen nur einfach zu anonym erscheint, macht es anderen gerade leichter, einen Kontakt aufzubauen: Die immer interaktive Kommunikation wird massgeblich vom eigenen Willen bestimmt, was ich tatsächlich von mir preisgeben will. Dadurch, dass sich solche Kontakte unter Umständen sehr schnell knüpfen lassen, sie sich aber langsam entwickeln können, “schleichen” sie unter Umständen lange neben den bisherigen “realen” Beziehungen her. Natürlich vertiefen sie sich nur, wenn beide Seiten auch etwas von sich preisgeben: Zwischen den Zeilen muss etwas Herz mit verschickt werden, sonst entsteht kein Kit. Erwecke ich umgekehrt den Eindruck, Nähe bewusst zu suchen, verscheuche ich Menschen vielleicht sehr schnell wieder. Das Internet ist die ideale Plattform für Häppchenpickerei in Beziehungsform: Mann oder Frau darf und kann sich vor allem zieren. Der Rückzugsraum bleibt immer vorhanden. Das ist Chance und Krux zugleich. Wenn ein Kontakt dann plötzlich abbricht, bleibt dennoch manchmal das Gefühl zurück, “bestohlen” worden zu sein. Sie haben gegeben, der oder die andere hat genommen und ist weiter gezogen. Fast wie im realen Leben eben. Entzündungen und Wunden rund um die Frage: Was macht Verbindlichkeit aus? Und wo beginnt mein eigenes Gefängnis, wenn ich zu schnell und immer wieder davor fliehe?

Wenn Sie als LeserIn mit einem Blogger oder einer Bloggerin in Kontakt stehen, bekommt das Ganze noch eine zustätzliche Nuance:

Für uns ist das Blog ein Antrieb. Es bindet unsere Aufmerksamkeit: Ein ganz beträchtliches Energievolumen wird dafür verbraucht, das Blog zu gestalten und – vor allem – es auch zu füllen. Und das tut kaum jemand ohne Reflexion über die Art und Weise, wie mann oder frau dadurch wahr genommen wird. Zudem sind wir durch das Blog ganz anders öffentlich als die Menschen, die mit uns Kontakt aufnehmen.

Ein Bog ist zwar nicht so schnell geschrieben wie ein Kommentar. Dennoch ist so manches Blog-Projekt schnell geboren worden und muss sich danach erst eine Identität geben. Das braucht gestalterische Kraft und auch ein bisschen Mut. Immer. Da spielt es nicht mal so sehr eine Rolle, ob ich übers Stricken, das letzte Fussball-Plauschturnier oder Beziehungsprobleme schreibe. Immer gibt es da eine Exposition. Natürlich müssen wir sie nicht akeptieren. Wir bloggen freiwillig. Dennoch ist Begeisterung und Antrieb auch immer mal wieder von Selbstzweifeln begleitet – gerade eben so wie bei jedem Projekt, bei dem Sie sich vorwagen und etwas vorstellen und entwickeln müssen.

Alle diese Selbst-Reflexionen haben sicher auch etwas Selbstverliebtes, können auch eine Fixierung bedeuten oder erleichtern. Nicht immer habe ich – ob aus solchen Gründen mit verursacht – die Zeit und die Kraft, schnell zurück zu schreiben – oder ich beantworte einen Kommentar nicht. Schnell wird mir dann jeweils klar, dass ich wohl auch Erwartungen wecke, die zu erfüllen manchmal schwierig sein dürfte. Was da hilft? Nur ständiges Bemühen wohl, den Dingen und den Menschen und damit mir gerecht zu werden, in dem ich bei mir selber bleibe. Und die Fragen stelle, die mir wichtig sind. Darüber schreibe und nachdenke. Ohne Anspruch auf Mehrheitsfähigkeit in Auswahl und Darstellung der Themen. Aber im Dialog mit meinen Gedanken. Den Niedergeschriebenen und den stillen. Genau so, wie es eben ein Tagebuch fördert und anregt.

Mitlesen, mitdenken und mitfühlen erlaubt, ja erwünscht. Wie in einem Gespräch.