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Jede Trainerentlassung auf Schalke ist auch ein Medienlehrstück

∞  7 Oktober 2014, 23:01

Schalke 04 hat seinen Trainer entlassen. Eine Fussballmeldung. Aber im Grunde ist es auch eine Einladung, noch genauer hinzusehen, wie Medien funktionieren. Wie informieren sie, was lassen sie gelten, was nicht?

Schalke 04 ist ein Kultklub. Dazu macht ihn erst einmal die enorme Anziehungskraft im gesamten Ruhrpott. Das führte immer dazu, dass in der Führungsetage auch Menschen zu Gast waren, die nicht nur von Fussball wenig Ahnung hatten, sondern auch von Management. Geschweige denn von Unternehmertum. Schalke war immer Emotion. Verliert man zwei Spiele, sieht man sich in der Hölle, gewinnt man danach zwei, träumt man von Titeln in Europa. So ist das auf Schalke. Und so wollen es die Medien. Denn nichts verkauft sich so gut wie Emotion.

Die Emotion, welche die Medien schüren, ist dem Management abträglich. Einverstanden. Wenn aber die gleichen Medien die von Emotionen geleitete Führung kritisieren, dann wird es bereits ein wenig absurd, denkt man sich die Sache richtig zu Ende.

Hier soll es aber ganz bewusst nicht um Revolvermedien gehen, sondern schlicht um die Berichterstattung und die Reporterreflexe einer eher renommierten Sendeanstalt in Sachen Sport, dem ZDF Sportstudio nämlich. Denn Jens Keller, der nun entlassene Trainer von Schalke 04 war auch dort Dauerthema. Und mindestens so schnell, wie der Rest der Medienwelt wurde da jeweils danach gefragt, wie sicher denn der Trainer im Sattel sitze.

Man stelle sich vor, des Trainers Mannschaft gewinnt ein Spiel. Jetzt könnte man das Spiel analysieren, ein Fazit ziehen und auf die nächste Aufgabe verweisen. Für einen Reporter auf Schalke kann es damit nicht genug sein. Er muss den Sportchef vors Mikrofon holen und ihn, wie schon vor einigen Wochen, fragen, ob denn nun der Trainer sicherer im Sattel sitzen würde? Stereotype Antwort: Wir diskutieren gar nicht über den Trainer. Es wird nachgehakt. Es wird nochmals darauf verwiesen, dass keine Diskussion über den Trainer geführt würde.

Es tritt ab der Sportchef. Stimme aus dem Off des Reporters: “Ein klares Bekenntnis zum Trainer sieht anders aus.”
Hä?

Hier trifft die innere Unruhe auf Schalke auf eine Reportagementalität, welche die Unruhe geisselt, selbst aber alles tut, dass gar keine Ruhe aufkommen kann. Das mag journalistischer Kniff sein. Am Ende aber werden nicht nur die Verantwortlichen bei Schalke 04 unglaubwürdig. Für viele Zuschauer sind auch die Reporter längst nicht mehr ernst zu nehmen. Was nicht nur das ZDF nicht daran hindern wird, die Entscheidung der Trainerentlassung nun in Frage zu stellen und mehr oder weniger unerträglich mahnend den Zeigefinger zu heben…

Stammt der folgende Satz von Beckenbauer?

“Leute, spielt’s Fussball.”

Nicht nur er hat dabei immer besser ausgesehen als in der verbalen Interaktion…