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Ivan Ergic – Ein aussergewöhnlicher Mensch spielt sehr guten Fussball

∞  11 Mai 2008, 09:15

Eine kurze und doch lange Lebensgeschichte, wie sie der Sport oft schreibt, und dabei eben doch positive Vorbilder ins Zentrum rückt.

Er gehört zu den Technikern unter den Fussballern, die mit ihrem starken Fuss auf der Fläche eines Bierdeckels fast jeden Gegner ausdribbeln können. Vor allem aber vermag er die im Spitzenfussball so wichtige Funktion des offensiv kreativen Mittelfeldspielers auszufüllen, kann aus der Distanz gefährlich schliessen und den öffnenden letzten Pass spielen. Schön früh war klar, was da für ein Talent heranwächst. Entsprechend umworben war er von europäischen Grossvereinen, in der Schweiz nur “parkiert”, um vom Talent zum international tauglichen Spielmacher zu reifen.

Ivan Ergic spielt mit Basel eine berauschende Champions League – Saison und sieht sich danach je länger je mehr mit hohen weiteren Erwartungen konfrontiert.
Er gerät in eine tiefe Depression, und in Basel spielt sich eine Leidensgeschichte ab, wie sie Sebastian Deisler bei Bayern München praktisch gleichzeitig erlebte.
Doch Ergic kehrt nicht nur zurück auf den Fussballplatz. Er wird nach der im letzten Spiel verlorenen Meisterschaft 2006 gegen den FC Zürich von seinem Trainer Gross zum Captain bestimmt und wuchs am Vertrauen seines Chefs zur wirklichen Führungsfigur. Wer würde sich besser mit einer persönlichen tiefen Niedergeschlagenheit auskennen als er?

Aus der serbischen Nationalmannschaft ist Ergic zurück getreten. Er sagt es nicht laut, aber ganz offensichtlich kann er sich mit dem übertriebenen Chauvinismus rund ums Nationalteam nicht anfreunden – und konzentriert sich fortan auf den FC Basel.

Gestern Abend ist Ivan Ergic mit dem FC Basel Schweizer Fussballmeister geworden.

Und eine Szene, die für den Ausgang des Spiels unbedeutend war, sagt dennoch Bedeutendes über den Sportler und Menschen Ergic aus: Er umdribbelt am gegnerischen Strafraum einen Verteidiger und kommt dann zu Fall. Es sieht aus, als wäre er aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Der Schiedsrichter zückt die gelbe Karte gegen den Verteidiger und will Freistoss für Ergic geben – aus aussichtsreicher Distanz, frontal vor dem Tor. Doch Ergic korrigiert den Schiedsrichter und klärt ihn auf, dass er selbst ins Stolpern gekommen sei. Die Karte wird hinfällig, der Freistoss für Basel ist einer für den BSC Young Boys.

Das ganze geschieht so unaufgeregt, dass die Fans es gar nicht richtig mitbekommen und den Schiri auspfeifen, weil sie meinen, er hätte von sich aus die Meinung geändert.

Wie gesagt: Das Spiel stand schon 2:0, Basel war klar besser. Dennoch kenne ich keinen anderen Spieler auf Schweizer Fussballplätzen, der so gehandelt hätte. “Professioneller Einsatz” wird nicht nur hierzulande mit dem Ausschöpfen aller Mittel für den eigenen Erfolg verstanden.

Nach dem Spiel gab Ivan Ergic Interviews. Typischer als jeder Schweizer hängte er jedem dritten Satz das bezeichnende “Oder?” an. Die von mir beschriebene Fairplay-Szene ist dabei kein Thema. Dieser Mann ist nicht nur integriert bei uns. Er WIRKT auch auf andere integrierend!

Ivan Ergic – der Schweizer Fussballmeister 2008.