Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Information: Teilen statt herrschen - und damit arbeiten

∞  12 Oktober 2011, 18:51

Jede Arbeit in jedem Team kann am Ende nur optimal ausgeführt werden, wenn zu jeder Zeit jedes Mitglied optimal kommuniziert, die empfangenen Informationen und Erkenntnisse also weiter gibt und damit teilt.


Sehr oft ist es so, dass man eine Arbeit als abgeschlossen betrachtet, wenn man sie gewissermassen vom eigenen Tisch weg gearbeitet hat – und genau dann lässt die Aufmerksamkeit und das Interesse nach – statt dass man die grösste Sorgfalt darauf verwendete, dass das Ergebnis in den nächsten Händen optimal “ankommt”.

Gründe, dass dies oft nicht funktioniert, gibt es unzählige. Meistens ist es wohl oft die Zeit, von der man glaubt, dass sie genau dafür fehlt, was dazu führt, dass alle Teammitglieder zu Einzelkämpfern gegen Zeitdruck werden – und gerade damit neue Probleme schaffen. Es kann aber auch tiefere Gründe haben, die aus ursprünglichen Units innerhalb einer Organisation zu getrennten “Box Offices” werden, die sich mehr abgrenzen als ergänzen:

Es gibt das anschauliche Beispiel von Zeitungsredaktionen vergangener Tage, in denen die frankophone Fraktion kein Wort mit den Deutschschweizern sprach, und umgekehrt natürlich genau so. Die Büros der einen auf der Seite, im Korridor gegenüber die Türen der anderen Seite. Einzige Ausnahme allenfalls: Der Sport. 8m02 im Weitsprung sind in allen Mentalitäten gleich lang, gut oder schlecht.

Es gibt diese Fraktionen auch in an sich offenen Grossraumbüros, in denen es unsichtbare Wände gibt: Man könnte sie auch hochziehen und jeden Durchgang vermauern – keine Seite hätte den Eindruck, sie würde weniger von drüben erfahren als zuvor. So etwas kenne ich aus einer Firma, deren Produktionsknowhow sich in ganz unterschiedlichen Produkten umsetzen lässt – die zu völlig unterschiedlichen Artikelpaletten für ganz andere Kundengruppen führen. Und wenn dann die einen Produkte noch (scheinbar) “cooler” sind, als die anderen, ist das elitäre Denken schon geboren. Spätestens wenn es dann darum geht, beschränkte Ressourcen in der Produktion richtig aufzuteilen, beginnt das Hauen und Stechen und der Verteilungskampf innerhalb der Firma bei jenen Ressourcen, aus denen sich alle aus der gleichen Quelle versorgen müssen: Der Produktionsstrasse.

Ist dieses Beispiel noch – in der Entstehung – einigermassen nachvollziehbar, so gibt es ein anderes, das unter zuviel Reibung genau so leidet, meist völlig unnötig, und mit unerhörtem Reibungsverlust verbunden ist: Der Austausch zwischen Chef und Team, der Informationsfluss in Hierarchien. Der Anspruch auf Führung – er kann zumindest in Teilen nur legitimiert werden, wenn die Informationen von unten unverfälscht, rechtzeitig und frei fliessen. Und, siehe oben, alle Sinn dafür haben, sich dafür Zeit zu nehmen. Darum sind Führungskräfte gut beraten, mit sorgfältiger Kommunikation nach unten laufend den Beweis zu erbringen, dass sie Arbeit und Stellung der Teammitglieder respektieren. Informiere dein Team, befrage es, beziehe es ein, und du erfährst selbst schneller mehr.

Die meisten von uns scheuen das in der einen oder anderen Form immer wieder. Es könnte ja Rückfragen geben. Oder die scheinbare Begriffsstutzigkeit des anderen legt nicht zuletzt offen, dass es mir schwer fällt, mich verständlich auszudrücken. Oder: Wer sollte mich blidn und stumm verstehen, selbst ohne dass ich selbst erzähle oder informieren, wenn nicht die eigene Partnerin?

Wahrscheinlich sind deshalb diese ganzen Management-Zeitsysteme entstanden, welche helfen sollen, dass sich Teams besser organisieren: Outlook zum Beispiel, so konfiguriert, dass verschiedene Leute einander den Terminkalender mit Sitzungen vollkleistern können. Ich habe das nie verstanden, und mich zum Glück auch nie daran gewöhnen müssen: Diese automatisierte Form der autorisierten Fremdbestimmung meiner Zeit. Natürlich gibt es keinen Anspruch, einem Team oder dem Chef die eigene Zeit vorzuenthalten, aber gefragt zu werden, ob es mir und wann es mir am besten passe, wäre halt schon schön. Das ist, natürlich, oft nicht möglich, weil zuviele Rücksichten auf andere genommen werden müssen – aber ist das tatsächlich immer so? Verselbständigen sich nicht diese Mechanismen, so dass am Ende ein Verhalten steht, in dem man gedankenlos festlegt, ohne zuvor zu fragen, zu informieren, etc.
Werden diese Tools eigentlich Kommunikationshilfen genannt? Sie wollen doch viel eher suggerieren, dass sich damit Zeit bestmöglichst organisieren lässt, ohne dass noch kommuniziert werden muss.

Ich wünsche mir mehr Kommunikation. Mehr Gespräch. Mehr Reden. Und damit die Gelegenheit, im Team, mit Partnern, selbst nochmals rekapitulieren zu können, was denn nun der Stand der Dinge ist. Zur verbesserten eigenen Klarheit. Dazu gehört aber auch:

Wer beklagt, schlecht informiert zu werden, muss sich unter Umständen auch sagen lassen, dass die Information auch für den Empfangenden Zeit braucht. Man muss dafür Zeit einsetzen, etwas anderes unterbrechen, sich im Kopf frei machen und bereit sein, sich auf die Sprache des anderen einzulassen.

Fazit: Mit einander reden ist in allen diesen veränderten Zeiten nicht einfacher geworden. Vielleicht ist es die grössere Herausforderung als je zuvor. Das bedeutet aber auch, dass ein unschätzbarer Gewinn darin liegt, genau diese Form der gemeinsamen Arbeit nicht aufgeben zu wollen.