Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ich frag' mal nach dir

∞  8 Mai 2011, 21:08

Der Tag ist fast vorbei.
Haben wir was Neues voneinander erfahren?


Das verflixte an diesem Muttertag ist: Er ist tendenziell für die Zielpersonen bipolar… Denn wer Mutter ist, ist auch Tochter. Was steht nun mehr im Vordergrund? Das eigene Muttersein oder das Mutterehren? Ich beobachte, dass dies in den meisten Familien immer ähnlich abläuft: Die jungen Mütter beehren die älteren Mütter mit dem Besuch der ganzen Familie. Und die freut sich dann und ist Gastgeberin für alle. Eigentlich ist das dann ein Tag wie viele andere Besuchstage auch – vielleicht ist das Mitbringsel etwas üppiger.

Eigentlich schade. Auf der Rückfahrt von meinem Besuch bei meiner Mutter habe ich heute im Radio die Anregung von Julia Onken vernommen (selbst nach eigenem Bekunden und den Wortmeldungen ihrer Tochter durchaus auch manchmal eine Rabenmutter), den Muttertag als Teil einer wirklich ehrlichen Beziehung zu gestalten. Und vielleicht an diesem Tag schlicht einen Moment den normalen Tritt zu verlassen, nicht im Vorbeigehen mit einem Wisch Blumen, sondern, zum Beispiel, mit einem Gesprächsangebot:

“Sag mal, Mutter, wie war das eigentlich damals, als du zwanzig warst? Was hattest du für Träume und Vorstellungen? Wie sah ein normaler Sonntag für dich aus?”

Manchmal ist Grosszügigkeit nur ein Geldgeschenk. Warmherzigkeit aber ist ein Fetzen wirklich geschenkter Zeit. Wie viel wissen wir über unsere Mütter und Väter und deren Jugend?

Ich denke gerade an den Jungen meines besten Freundes, der fast vor Begeisterung und Neugier platzte, als er auf unserer Bergwanderung zu Dritt uns Beide mit Fragen löchern durfte, wie wir uns denn kennen gelernt hätten, damals. Und wir haben erzählt, noch so gerne, und sind uns dabei erneut bewusst geworden, welches Geschenk wir besitzen mit all den gemeinsamen Erfahrungen und der Begleitung durchs Leben. Manchmal geschah sie aus einer gewissen Ferne, aber nie wurde das Band zerschnitten. Und der Junge sitzt daneben und wir sehen ihn träumen davon, Gleiches auch mal sagen zu können.

Mütter werden von sehr engen Banden durchs Leben geleitet. Manchmal weben sie diese Bande – nicht unbedingt zum eigenen Vorteil – selbst noch enger. Immer aber sind die Verhältnisse zu ihnen nicht wirklich aufzulösen, selten frei von Problemen, sehr oft aber von erstaunlich viel Unkenntnis begleitet. Daran kann etwas geändert werden. Das ganze Jahr hindurch.