Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ich bin der andere Nachbar, irgendwie

∞  23 Mai 2009, 17:22

Mir kam eben wieder eine Begebenheit dieser Tage in den Sinn:
Ich war einkaufen. Dafür muss ich etwa einen Kilometer weit den Berg hinauf fahren, was ich normaler Weise mit dem Fahrrad tue. So auch an diesem Tag. Ich gehöre zu denen, für die es auch nach zehn Jahren nicht zu spät ist, eine Anschaffung aus grauer Vorzeit zu späten Ehren zu führen, und so entdecke ich zur Zeit die Freuden meines Bikes, statt es im Keller angrauen zu lassen.

Als ich in den SPAR hinein gehe, sehe ich von fern Nachbar Nummer 1, der mit seinem Geländewagen mal rasch einen Brief zur Post trägt. Als ich aus dem Laden heraus komme, fährt Nachbar Nummer zwei im Jaguar vor. Ich schwinge mich derweil auf meinen Drahtesel und fahre los.
Werde ich langsam zum Exoten, nur weil ich ein wenig mehr Zeit habe – oder mir sie nehme?

Als ich auf die Strasse einbiege, wird mir bewusst, dass aus dem kleinen Rucksack am Rücken ganz schelmisch ein paar Enden von Rhabarberstängeln ragen. Ich grinse mal kräftig in mich hinein und hebe die Nase in den Fahrtwind. Und dann überlege ich mir, während ich “meinem Haus” entgegen rolle, jetzt abwärts, was ich eigentlich an der Entschleunigung ganz allgemein am meisten geniesse.
Ist es der fehlende Lärm? Die höhere Intensität des Augenblicks? Die Freiheit, keine Sensationen zu brauchen, um staunen zu können?

Während ich in die Garage rolle, höre ich meine Bremsen quietschen. Es ist wohl jedes Mal etwas anderes. Entscheidend aber ist, dass ich Zeit gewinne, indem ich mir mehr Zeit nehme.