Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Huffington postet Blogs. Wie schlimm.

∞  11 Oktober 2013, 13:18

Nun ist sie also gestartet, die huffingtonpost.de. Als möglicher Leser werde ich mir die Seite und ihre Präsenz im Netz sicher genauer ansehen – und als Blogger? Ich mag nicht so recht einstimmen in den Tenor, der dem Geschäftsmodell Ausbeuterei vorwirft. Und finde, dass die neue Online-Adresse durchaus zu grundsätzlichen Veränderungen beitragen könnte – und sollte.

Ich schreibe hier ganz entspannt. Dieses Blog hier ist ein Privatvergnügen. Ich werde zwar gelesen, aber ich bin weit davon entfernt, von irgendwelchen Leitmedien bemerkt zu werden. Und vielen womöglich besseren Bloggern mit griffigerer Themenauswahl geht es ähnlich: Die Affinität hiesiger Online-Medien zu Blogs und vor allem privaten Bloggern schwankt zwischen Verachtung und Nichtbeachtung. Das Blog als Gefäss wird wenn möglich in den eigenen Auftritt integriert, auf die Durchmischung und die Recherche nach Blogger-Meinungen wird aber in aller Regel verzichtet. Wenn Blogger engagiert werden, dann ist es die immer wieder gleiche Handvoll. Das gilt auch für jede Art von Thema-Diskussion in welchem öffentlichen Raum auch immer. Aber von was schreibe ich? Das ist ja seit einigen Jahren gar kein Thema mehr.

Etablierte Medien meinen, das Prinzip Blog engültig und abschliessend verstanden zu haben und genügen sich wieder selbst. Das könnte sich nun ändern. Das Geschrei über das Huffington-Geschäftsmodell ist gross, weil das Portal keine Honorare für Blogger anbietet. Dabei geht vergessen, dass zumindest eines bei der Huffington anders läuft, das alle andern Medien tunlichst vermeiden: Das Angebot neuer Reichweite. Blogger, die sich nach dem Verkauf des Mutterhauses beklagten, nicht am Gewinn beteiligt zu werden, haben vergessen, dass sie den Deal immer wissentlich eingegangen sind: Sie bekamen – mit dem Verweis auf das eigene Blog – und die Präsenz des Portals Reichweite, einen Funken Aufmerksamkeit im riesigen Netzdschungel, und mehr wurde ihnen nicht versprochen.

Das ist aber schon viel mehr, als die meisten von uns erleben, und, seien wir ehrlich, wir wünschten uns schon, die Leserzahlen wären höher. Und dafür tun wir – je nach Persönlichkeit und Affinität – auch früher oder später mehr, als wir uns ursprünglich gedacht haben. Das legt sich dann vielleicht wieder, aber zumindest ein stiller Ärger über fremde Arroganz bleibt lange haften. Wenn die Huffington nun erwähnt, dass sie ganz andere Möglichkeiten hätten, auf andere Inhalte zu verweisen, dann spielt sie genau auf diese für Online-Medien im Grunde selbstverständliche Vernetzung an, die hier gemieden wird, wie es nur geht: Die Verlinkung der Quellen, der Hinweis auf die Gefässe, aus denen die Informationen kommen. Was im Grunde selbstverständlich wäre, wird tunlichst unterlassen. Hier setzt die Huffington Post ein Kontra – und wenn nun moniert wird, dass das ein bisschen wenig wäre, der verkennt, dass es in der Online-Wiederverwertungs- und Beschleunigungsindustrie allzu oft genau darum geht, zumindest für die Anbindung der Surfer, die erst nur mit einem halben Auge überhaupt anwesend sind: Aufmerksamkeit und Querverbidnungen, Links, mit denen man zu Orten geführt wird, die man dann, vielleicht, irgendwann, zu seiner eigenen persönlichen Leseliste hinzu fügt.

Das ist, mit Verlaub, vielleicht ein ausbeuterisches Angebot, das die Huffington Post ihren Schreibern macht. Aber es ist wenigstens nicht heuchlerisch sondern ehrlich.

Jeder kann, als Leser oder allenfalls als Content-Lieferant, selbst entscheiden, ob er das annehmen will oder nicht. Genau so also ist diese Welt gestrickt, wie sie es auch sonst je länger je mehr daher kommt: Wir können es wollen oder nicht. Auch dies fördert eben die Vielfalt – oder die Beliebigkeit. Wir alle sind ein Teil davon.

Noch etwas, liebe Leser:

Wenn ich dann lese, dass washingtonpost.de ehrgeizige Ziele hätte und 2018 zwischen 10 und 15 Millionen Umsatz machen möchte, wenn ich lese, dass Huffington Post USA defizitär sei, dann relativiert sich nochmals Vieles für mich selbst: So riesig schnell und massig viele Rubels werden ganz so leicht auch hier nicht verdient. Den Reibach machen Einzelne, die andern arbeiten sich ab – auch inhaltlich vielleicht, an den Themen unserer modernen Welt. Und da finden wir uns ja dann alle wieder. Und ich werde ganz entspannt und bin richtig stolz auf die stabilen Besucherzahlen dieses Blogs, auf Sie, wenn Sie wiederkommen und doch tatsächlich neugierig sind, über was der Typ bei thinkabout.ch sich heute gerade den Kopf zerbricht.

Bloggen ist wirklich klasse. Und es ist im Grunde phantastisch, mehr als zweihundert Leser pro Tag zu haben, die hierher finden. Ich pfeife auf jede Überlegung, ob das viel oder wenig ist. Es muss keinem Geschäftsmodell nachgeeifert werden. Es interessiert einfach Menschen – oder auch nicht. Und wenn es dies tut, dann freut mich das sehr. Meine persönliche Freude ist dabei noch immer und jederzeit die Lust, den nächsten neuen Text zu schreiben. Und ein paar andere zu lesen. Das auch!