Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Hat DIE ZEIT wirklich Zeit für die Schweiz?

∞  28 April 2011, 18:41

Eine deutsche Wochenzeitung will die Schweiz entdeckt haben. Bewiesen hat sie es noch nicht.


Die Wochenzeitung DIE ZEIT fällt in der Schweiz auf. Nicht nur durch ihr grosses Format. Sie betreibt auch ein sehr aktives Marketing mit immer neuen Akionen für Musterabonnements. Und sie ortet natürlich auch inhaltlich ihren Platz auf dem Schweizer Markt, nachdem die traditionellste Wochenzeitung der Schweiz , DIE WELTWOCHE, mehr und mehr Parteipolitik betreibt. Erst kürzlich hat sie auf ihren Schweizer Seiten das Thema ganz direkt aufgegriffen und die Auswirkungen der SVP auf die Schweizer Politik (und Gesellschaft) ganz direkt beleuchtet und kritisiert.

So weit so gut. Es ist ja, nach meinem persönlichen Urteil, auch wirklich so, dass das äussere Format der Zeitung mit der inhaltlichen Qualität korrespondiert: Beides hat Gewicht. Die Artikel sind fundiert und ausführlich, die Reportagen sind etwas vom Besten, was man in der deutschen Presselandschaft überhaupt zu lesen kriegt. Immer meiner bescheidenen Meinung nach, und das ist die Ansicht eines Lesers, der viele, sehr viele deutsche Zeitungen gar nicht kennt. Dennoch bin ich sicher, dass mein Urteil von vielen Menschen geteilt wird – und ich fürchte, dass dies auch für meine davon abweichende Einschätzung des Schweizer “Teils” zutrifft:

Da DIE ZEIT in der Schweiz mehr Leser gewinnen will, lässt sie sich auch in die Pflicht nehmen und wird ein bisschen schweizerisch: Der erste Bund hierzulande wird durch drei Ressort-Seiten “SCHWEIZ” abgeschlossen. Drei Seiten. Das ist, mit Verlaub, auch bei dem grossen Format, dünn. Sehr dünn. Und als quasi ständiges Zeichen der permanenten Not, drei Seiten Schweiz nicht wirklich mit Schweiz-Journalismus füllen zu können, findet darauf auch die wöchentliche Kolumne des ZEIT-Herausgebers Josef Joffe noch Unterschlupf. Hinzu kommt, dass die Seiten oft schlicht Abdruckorgan von Schweizer Exekutivpolitikern sind, ob Ex oder aktuell: Eine Rede von Moritz Leuenberger, ein Referat von Calmy-Rey, oder, in der aktuellen Ausgabe, eine ausführliche Darstellung des verkrampften Verhältnisses der Schweiz zu Deutschland – mit den Augen des Schweizer Botschafters in Berlin. Das kann alles sehr interessant zu lesen sein, aber es hat nichts mit journalistischen Eigenleistungen zu tun, und man kann sich fragen, wie ernst es DER ZEIT wirklich sein mag, sich auch journalistisch wirklich in der Schweiz einzumischen? Es dürften ja auch Schweiz-erprobte Journalisten sein, aber Schreibende wie Peer Teuwsen und Matthias Daum formulieren ihre Gedanken mit diesem Konzept irgendwie in die Schwerelosigkeit hinaus.