Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Gesellschaftsspiele

∞  12 Oktober 2014, 23:57

Welche Rolle haben eigentlich Kartenspiele und dergleichen in meinem Leben gespielt?

Wir haben uns als Familie nie viel zu sagen gehabt. Ich kann mich allerdings an Mittagsruhe erinnern, nach dem Essen, bei der wir in der Stube sassen und Zeitung lasen. Das habe ich genossen. Das war gemütlich, hatte was Rituelles.

Und meine Mutter trommelte Paps und mich manchmal an den Tisch um zu spielen. Dabei liebte sie Spiele, bei denen Glück eine wichtige Rolle spielte, die entscheidende. Yazy, ein Würfelspiel, Uno – ein Kartenspiel, das nur auf Glück beruht. Absolut nicht dumm, erklärte sie dennoch kategorisch, dass es ihr schlicht zu anstrengend wäre, sich zu merken, welche Karten schon gespielt worden seien. Also war Jassen, wenn wir es denn taten, ein ziemliches Spiessrutenlaufen… An Canasta habe ich da die besseren Erinnerungen…

Mit meinen Kameraden lernte ich Monopoly kennen – damals spielten das wohl alle Kinder leidenschaftlich gern. Oder fast alle. Ich staunte, wie sich dabei Kollegen verwandelten und tatsächlich eine Art Rausch entwickelten, einmal Grossgrundbesitzer zu sein, zum Beispiel. Für mich war – bei welcher Art Spiel auch immer – besonders interessant, festzustellen, wie deutlich auch ganz einfache Spiele wie Eile mit Weile offenlegen konnten, wie ehrgeizig Charaktere waren, oder eben auch nicht. Und die Spiele brachten uns an einen Tisch.

Aber ich habe die Bücher vermisst, zuhause, die Musik, die Stille. Ich selbst wäre wohl ein Bücherwurm geworden, wenn da nicht der Sport gewesen wäre: Ich war am liebsten draussen, im Quartier tollten vierzig Kinder umher, eine Dekade lag zwischen den Jüngsten und den Ältesten. Wir spielten Räuber und Polizei bis zum Abwinken, und vor allem kickten wir. Endlos. Oder bearbeiteten mit Hockeystöcken Tennisbälle, denen wir auf Rollschuhen hinterherjagten, die wir uns an die Turnschuhe geschnallt hatten.

Zuhause war ich in der Lage, ganze Westernstories mit Spielfiguren nachzuerzählen, oder, viel besser, laufend zu erfinden. Mein Kinderzimmer war eine verstellte Zone, die blühende Landschaft meiner Phantasie.

Aber Gesellschaftsspiele? Ich habe seither keinen richtigen Zugang mehr dazu. Manchmal klingt meine Mutter in mir nach, wenn ich mich mühsam an die Regeln zu erinnern versuche, und an die einfacheren Strategien beim Jassen. Aber an Canasta habe ich eine bleibend nette Erinnerung, und an ein Kartenspiel, das ich bei meinen Schwiegereltern lernte auch. Aber es ist nicht mehr als eine Erinnerung, die durch Stupser von aussen belebt werden müssten, um wieder eine Rolle zu spielen: Am Spielen zusammen ist genau diese Redewendung entscheidend: Das Zusammensein, die Personen, welche daran beteiligt sind und mit denen übers Spiel eine Verbindung entsteht oder belebt wird.

Aber ich bin mir bewusst, dass Kartenspiele und dergleichen für ganze Kameradschaften ein sehr wichtiges, kittendes und unterhaltendes Element darstellen. Und die innere Einstellung zu Sieg und Niederlage lernt man auch da kennen, bei sich selbst und bei anderen – so, wie ich beim Tennis spielen. Ja – der Sport ist mir eben in diesem Feld das Liebste geblieben.

Bücher lese ich noch immer viel zu wenig. Würde ich es mehr tun, würde ich bestimmt auch anders schreiben. Bestimmt.