Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Genauer bitte! Und ehrlicher.

∞  14 August 2010, 18:06

Auch ich gehöre zu jenen, welche Exponenten der Schweizer Politik wie Christoph Blocher immer wieder dafür kritisieren, dass sie es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen und populistisch bis tendenziös argumentieren.

Nur gilt dies für alle Meinungsrichtungen und Parteien, und leider ist man sich in allen Lagern nicht bewusst, dass mit jedem Mal, bei dem unbewusst bis sehr bewusst die Wahrheit zurecht gebogen wird, die Akzeptanz bei den differenziert nachdenkenden Bürgern sinkt – und die Politikverdrossenheit steigt. Notabene bei jenem Teil der Bevölkerung, der bereit wäre, auf Argumente zu hören…

So hat Ursula Wyss, die Fraktionschefin der SP Schweiz, heute morgen in der Samstagsrundschau auf Radio DRS 1 einmal mehr beklagt, dass die Finanzkrise dazu geführt habe, dass der Staat gezwungen gewesen sei, die maroden Banken mit Steuergeldern zu retten.

Ich glaube nicht, dass Frau Wyss sich nicht bewusst ist, dass dies schlicht nicht die Wahrheit ist. Richtig ist, dass der Schweizer Bundesrat sich genötigt sah, Garantien abzugeben und finanzielle Überbrückung zu leisten; richtig ist ferner, dass die UBS faule Kreditpapiere bei der Nationalbank auslagern konnte. Richtig ist aber auch, dass im konkreten Fall bisher kein einziger Steuerfranken verbraten worden ist. Die Finanzmittel des Bundes sind, mit hohem Zinssatz, zurück erstattet worden, die faulen Papiere bei der Nationalbank erfordern heute nur noch einen Drittel der ursprünglichen Risikoabsicherungen. Oder noch weniger. Da wird nicht regelmässig kommuniziert.

Also: Der Staat hat ein Risiko getragen, kommt aber womöglich am Ende nicht mit einem blauen Augen davon, sondern macht noch ein Geschäft. Richtig wäre also, den Mechanismus zu kritisieren, denn hier leistete der Staat für ein privatwirtschaftliches Unternehmen Sicherheitsleistungen und griff damit in den freien Wettbewerb ein. Risikofreudige Manager entsorgten schlussendlich das geschaffene Risiko auf die Schultern der Staatsbürger – DAS ist die Krise und das Problem. Die Steuerbelastung aber hat damit erst mal gar nichts zu tun. Ein Detail? Vielleicht. Ich finde nicht. Man kann auch die tatsächlichen Fakten so verschlagworten, dass sie den beabsichtigten Schrecken einjagen – und dann wäre ich sogar dankbar darum, dass dort Druck aufgesetzt wird, wo die Ventile wirklich arg lädiert sind. Es wäre wirklich schön, wenn etwas mehr Genauigkeit in alle Debatten einziehen würde – zum Wohl eben dieser Bürger, in deren Namen doch so viel geschieht. Angeblich.