Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Geld mag Kreativität nicht auslösen, aber Hungerlöhne sind auch nicht inspirierend

∞  18 September 2009, 21:17

Eifrig wird er diskutiert, im Internet, der drohende Tod des Journalismus.
Ich weiss noch, wie ich, vor Jahrzehnten, im Süden einmal einen Spiegel-Journalisten kennen lernte. Ein “richtig grosses Tier” sei er, hiess es. Einer, der “es geschafft hatte” und Reportagen schrieb. Auf jeden Fall war die Unterhaltung mit ihm sehr erfrischend, inspirierend und abwechslungsreich. Ich weiss nicht mehr, wie er hiess und ob das überhaupt alles der Wahrheit entsprach. Auf jeden Fall war damals Journalist so was wie ein Traumberuf.

Nun, heute ist das nicht mehr so. Schuld sind wir Blogger (zumindest, wenn man so manchem Journalisten glauben will), weil wir jeden Stuss gratis (und ungefragt) im Netz verbreiten und dummerweise auch ein paar Leser finden, deren Zeit die seriösen Schreiber dann wieder mühsam zurück gewinnen müssen, wobei der Leser auf jeden Fall weiter gratis liest.
Und weil wir ohne Obolus schreiben (dass ich dessen langsam – zumindest in gewissen Formen – überdrüssig bin, ist dann mal Thema eines eigenen Beitrags), tippen immer weniger Profis immer mehr Durchschnittliches für immer mehr Printmedien-Onlineportale. Logisch. Geht ja gar nicht anders, wenn Inhalte nicht mehr bezahlt werden – nicht mal dann richtig, wenn es sich um Auftragsarbeiten handelt, und schon gar nicht, wenn der Schreibende sein Recherchieren, Redigieren, Konstruieren, Kontemplieren und Schreiben als Teil der Aufgabe versteht, die er Auftrag vom Verleger erhalten hat. Was alles natürlich grundfalsch ist.

Die grossen Blätter haben also ihre Schwierigkeiten. Die kleinen, die lokalen, so kommt es einem vor, die wird es immer geben. Zumindest dann, wenn sie so was wie der örtliche Anzeiger sind, mit Todesanzeigen und Standesamtspublikationen. So scheint man das zu sehen, auch in den Verlagen (womöglich sind es die gleichen wie für die “grossen” Postillen), und Schreiben ist für solche Blätter, so man denn davon leben muss, noch viel utopischer. Und es wirft tatsächlich nicht gerade einen vorteilhaften Blick auf einen Zeitungsverlag, wenn er auf die Idee kommt, einen Artikel mit 3500 Zeichen (das ist mehr als eine eng beschriebene A4-Seite) über eine dreistündige Abendveranstaltung mit CHF 120.00 zu entlöhnen. Das ergibt, alle Zeitaufwände aufgerechnet, kaum den Schweizer Mindestlohn für Ungelernte.
Jeder dieser lokal Schreibenden ist für mich eine Ikone, wenn er trotzdem den Berufsstolz mit bringt, ein Textformular nicht nur aufzufüllen, sondern ihm wirklich Inhalt zu geben. Wenn Sie also wieder mal Ihr Lokalblatt lesen, dann denken Sie daran:

Es lebt vom Enthusiasmus, Idealismus, von der Passion des Schreibenden. Womöglich. Und wenn es nur ein müder Gefälligkeitsaufsatz ist, der ihnen da entgegen gähnt, dann denken Sie daran: Genau dafür hat der Zeitungsverlag bezahlt. Höchstens.