Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Gegen Kurzsicht und für mehr Langfrist

∞  9 April 2011, 13:52

Von Zeitläufen, unserem beschränkten Horizont und der neuen Vernunft, den Blick voraus zu weiten – und Chancen hierfür auch mit Kapital auszustatten.


Es ist einer jener freien Samstage, an denen ich einfach nicht auf Touren komme. Irgendwie passt das Wetter dazu: Es ist seit Wochen Frühling, ja Frühsommer gar. Strahlendes Wetter. Im Tessin soll es heute 30° heiss werden. Es gab Zeiten, da nahm man das gerne an, konnte es einfach geniessen. Jetzt aber gehört zu diesen Schwankungen und Ausschlägen ein ungutes Bauchgefühl. Man hätte gerne – mal wieder wenigstens ein bisschen – Normalität. Genau das ist die entscheidende Frage: Wieviel Veränderung ist denn nun schon neuer Standard? Immerhin: Heute streitet man sich nicht mehr um die Grundaussage der Klimaerwärmung. Sie ist nicht länger eine böswillige Erfindung der Linken. Schwer tun sich Wissenschaft, Gesellschaft und Politik gleichwohl noch immer, die Gefahr zu orten, zu bewerten, geschweige denn, sie anzugehen und zu bekämpfen. Wie?

Wir sind auf Prognosen angewiesen. Auf Langzeitstudien und langfristige Programme. Wir, die wir schon meinen, wenn wir fünf Jahre vorausdenken würden, wären wir weitsichtig. Wir, die wir unsere Wirtschaft vom Motor namens Börse befeuern lassen, die zumindest als Turbomotor bei Börsenkapitalisierungen Geld in die Betriebe pumpt – um dann in diesen Konzernen sehr schnell für immer kürzere Perioden zu sorgen, in denen Gewinnziele erreicht werden müssen, um die Erwartungen der Anleger nicht zu enttäuschen.

Auch in der Frage alternativer Energiegewinnungssysteme wird der grösste Innovationsschub nicht von börsenkotierten Firmen kommen. Sondern von Klein- und Mittelstandsbetrieben, die erst gegen alle möglichen Widerstände von wem auch immer Geld auftreiben müssen, bevor sie überhaupt praktisch erproben können, was sie vorgedacht haben. SIE brauchen den langfristig ausgelegten Blick, den ganz langen Atem, und SIE stehen am Anfang der Innovationskraft einer Gesellschaft.
Die Politik kann und soll demnach alles tun, um diese Innovationskraft zu fördern und Forschung und betriebswirtschaftlichem Startkapital leichter zu einander zu führen. Dass, sind solche Projekte erfolgreich, die Börse früher oder später doch ins Spiel kommt, ist kein Gegenargument. Gegen die menschliche Gier zu arbeiten, ist nutzlos. Für Menschen zu agieren, die mit ihrer Arbeit eine Umwelt-Mission verbinden, ist aber politisch sinnvoll – und kann Bewusstsein ganz allgemein verändern. Nur so rum geht es. Und nur, wenn wir in grösseren Zeitrahmen denken.