Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ganz nah bei mir selbst ist es am wenigsten düster, glaube ich

∞  24 März 2010, 20:53

Ich lese wieder ein wenig mehr. Wissen Sie, ich meine wirklich lesen. Nicht das huschen durch Zeitungen, das Verbrennen von “News”, die doch schon alt sind, kaum stehen sie auf Papier. Ja, die Welt dreht sich. Wir können dagegen anreden, anschreiben, aber wir müssen nicht wirklich glauben, wir würden damit viel verändern. Auch Schriftsteller wie Max Frisch haben das so gesehen, je älter sie wurden – in seinem Fall gehörte dazu eine gewisse Bitterkeit, die ich gut verstehen kann. Aber er hatte auch eine Erkenntnis darin gesehen: Wenn schon etwas zu verändern ist, wenn um etwas wirklich gerungen werden kann, dann um meine eigene Einstellung zu diesen News, zu Gesellschaftsnachrichten und Politik. Und damit ist das Schreiben eben auch immer und vor allem ein Tagebuch der eigenen Gelassenheit, der inneren Zerrissenheit, der äusseren Verärgerung, der inneren Unruhe – alles besser, als wenn daraus die leere Gleichgültigkeit würde.

Jedes gesprochene Wort, jeder geschriebene Satz kann aufgenommen, zitiert und fremdverwendet werden. Wir alle lesen unsere Argumente, filtern die Gedanken und Kritiken und verstärken, was uns gefällt und schwächen ab, was wir nicht mögen.

Am Ende aber hinterlassen wir nur Wirkung, mit dem, was wir leben. Und damit komme ich bei meinem Tagebuchgedanken an, und ich kann mich fragen: Wie reagiere ich auf diese Schlagzeile? Und warum? Der Rapport über meine innere Unruhe, meine Qual und meine Freude – es sind die authentischen Aspekte, die ich wirklich beitragen kann. Wenn ich weiss und akzeptieren kann, dass da nicht mehr ist, dann gewinne ich bereits ein bisschen Distanz, die mir erlaubt, einen Blick mehr zu haben, einen längeren, gründlicheren. Wenn dann mehr daraus wird als ein flüchtiger Aufschrei, wenn ich die Dinge bündeln kann oder auch mal einen Spiegel hoch halte, dann sollte das immer mit mir zu tun haben und mit meinem Umgang mit der Welt. Eine andere gibt es ja für mich nicht.

Dass Ihre Welt schon in einem einzigen Thema anders aussieht, andere Farben hat, Schärfen und Unebenheiten. Es ist das Los von uns allen. Die Welt aber, aus der wir kommen und in die wir gehen, ist die gleiche. Und wenn wir ihr nachforschen, kommen wir erst recht zu verschiedensten Resultaten. Dass diese Ergebnisse aber nur verschiedene Sprachen, Bewusstseinstiefen oder Irrtümer sind für die eine Tatsache, die am Ende die einzige Wahrheit darstellt, das wissen wir wohl alle. Was uns das nützt? Nichts. Und vielleicht löst es doch alles:

Wir können vor Moskau den Himmel beschiessen, dass es in der Stadt nicht schneit. Dereinst werden wir mit Geo-klimatischen Mitteln vielleicht Schwefelwolken in die Stratosphäre schiessen, damit Sonnenlicht zurück geworfen und die Klimaerwärmung gedrosselt wird. Wir flicken so lange an der Welt herum, bis dem Motor die Kolben klemmen. Dann gute Nacht Mensch. Die Welt, wie wir sie kennen, wird es nicht überleben. Die Erde wahrscheinlich schon. Das Leben kann eben nicht dominiert werden, nicht gebaut. Schon gar nicht von Menschen, welche es nicht so leben, wie es gedacht ist.

Gehen Sie morgen spazieren, liebe Leser. Ich werde es in jedem Fall tun. Es ist ein Wunder, wenn der Himmel blau ist. Und wenn er es bleibt, auch.


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Illustration: John Kounadeas, iStockPhoto
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