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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Fussballer und ihre Mühe mit ihrem Status

∞  26 Juli 2013, 13:23

Ein Profisportler hat zehn gute Jahre, in denen er richtig gut verdienen kann. Sind es in Amerika zig Millionen für die absoluten Cracks, so sind es in Europas Fussball ebenfalls längst ähnlich horrende Summen. Profisport aber wird auch in “angrenzenden” Staaten betrieben, und auch hier, in der Schweiz, verdient ein durchschnittlicher Fussballer oder Eishockeyaner ein paar hunderttausend Franken im Jahr. Nur, wie damit umgehen?

Für die Sportler gibt es Schattenwelten, aus denen sie unter Umständen nie gelernt haben, auszutreten: Jeder Fussballclub hat ein paar hundert Hardcore-Fans, für welche die Spieler Lebensmittelpunkt sind. Und auch für Sportler gilt: Ein Mikrofon vor die Nase gehalten zu bekommen, hinterlässt immer Wirkung – womit nicht das dann gesprochene Wort gemeint ist. Bedenkt man dann noch, dass selbst durchschnittliche Spieler meist einen Spielerberater brauchen – nur schon, um die Vertragswerke richtig verstehen zu können (sofern der Berater dann auch ein Interesse hat, das überhaupt zu erklären) und Verwandtschaft da ist, die zuvor viel entbehrt hat, so sind Ausgabenposten da, die zu Krankenkasse, Sozialversicherung und Steuern noch dazu kommen.

Und wenn man dies alles mit berücksichtigt, dann würde man den Kerlen raten, sie sollten sich neben dem Beruf doch bitteschön auf das Notwendigste konzentrieren und die Ausgaben gering halten, haben sie doch eh kaum Gelegenheit, würde man meinen, sich darin und daran auch zu verlustieren. Doch weit gefehlt. Auf Parkplätzen von Schweizer Trainingscamps stehen Sportwagen en masse – und sie werden auch bewegt. Und wie! Eben ist der Stürmer des FC Basel, ein Herr Bobadilla (er versuchte sich auch mal reichlich erfolglos bei Borussia Mönchengladbach) innerorts mit 111 km/h registriert worden – bei Tempolimit 50. Raser Bobadilla hat sich dabei gesteigert, da er schon damals in Deutschland fix unterwegs war, mit 1.1% Alkohol im Blut.

Was ich mich frage: Wie gehen gerade diese Typen einmal mit ihrem langen Leben NACH der Karriere um? Dann, wenn keine zwanzigtausend Fans applaudieren, wenn sie versuchen, jemandem eine Packung Wein zu verkaufen, jemandem, der es so richtig geniesst, als Kunde am längeren Hebel zu sitzen und den Verkäufer tanzen zu lassen? Und was ist eigentlich mit dem “Chefpersonal”? Ein Bobadilla wird ja wohl schon mit dem Bleifuss vom Trainingsgelände wegfahren, zumindest gelegentlich. So ein Typ führt nicht wirklich ein Schattenleben, sondern sein Problem ist sichtbar.

Aber was kehrt man vor gegen den Hype einer Aufmerksamkeit, die für die Spieler auf der Fähigkeit basiert, einen Ball mit dem Fuss zu kontrollieren? Zur Liebe zum Spiel gehört der Rausch des Erfolgs dazu, der Traum, im entscheidenden Moment die entscheidende Aktion zu liefern – und entsprechend anerkannt und gewürdigt zu werden. Da kann man schlecht in einem Golf durch die Gegend kutschieren. Oder doch? Man kann. Ganz leicht sogar. Auch Sportjournalisten gehören jetzt nicht unbedingt zu der Spezies, die völlig kaschieren könnte, dass viel Luft hinter allen Worten steckt und es schon sinnvoll erscheint, sich ein Lebensgerüst zu schaffen, in dem man gerade von solchen Existenzen gar nicht abhängig werden kann.

Und die Eltern? Von ihnen ist hier selten die Rede. Praktisch jeder importierte Fussballer (sorry, aber der Terminus ist durchaus passend) – und mancher Einheimische auch – hat Familienmitglieder im Schlepptau, die er durchfüttert. Das ist nicht schlimm – wenn er sich dafür nicht allzu oft das “Recht” mit erkaufen würde, zu tun, was der, der zahlt, glaubt, tun zu dürfen. Eltern aber, die selbst auf eigenen Beinen stehen können und genau das auch vorleben, die auch dabei bleiben, wenn plötzlich Geld in die Familie gespült wird, die geben Unschätzbares mit. Auch und gerade für die Zeit danach. Die lange Zeit danach.