Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Freundschaftlicher Stadtbesuch

∞  11 März 2013, 23:12

Stadtbummel mit einem Freund. Ich bekomme seine Stadt erzählt, und das ist alles andere als ein Stadtrundgang.

Die Stadt hat gut achtzigtausend Einwohner. Niemandem fällt es schwer, sich unter die Giebel und hinter die Fenster hunderttausende Geschichten zu denken. “Ist ja logisch”. Wie viele persönliche Geschichten ein einzelner Mensch aber mit einer Stadt verbinden kann, ist oft weniger im Bewusstsein verankert. Und wenn Sie dann mit einem Ihnen teuren lieben Menschen durch die Stadt seiner Kindheit und Jugend gehen, seinen Erinnerungen und Erzählungen lauschen, in den Zwischentönen Leid und Freude heraus hören, wenn Sie das Glück haben, diesen Geschichten zwischen Fassaden zu lauschen, die durchaus noch sehr ähnlich auf Sie wirken mögen wie sie es eine Generation zuvor getan haben und die hundert Jahre zuvor auch, dann bekommt die Illusion, es liesse sich irgend etwas fest halten, von dem, was war, Farbe und Geruch.

Es muss nicht anhalten. Schön ist es dennoch. Und das, worin wir “wirklich” sind, was wir lernten, ob freiwillig oder nicht, was uns daran hindert, Gespinsten nach zu hängen und es möglich macht, Fragen auszuhalten, das verbindet sich oft mit Plätzen und Räumen, mit der Kulisse, in der es zu Begegnungen kam, die wir erinnern. Weil darin etwas von diesen Menschen vorhanden bleibt – vielleicht auch und gerade, weil diese eine Stadt irgendwie der richtige Ort für alle diese persönlichen Geschichten war.

Aber, ich bin ganz ehrlich: Mein Zauber des Tages ist einfach, dass du mir erzählen wolltest. Dass du mich an deine Plätze geführt hast, dass ich deine Stadt erzählt bekam, und dass du damit von dir erzählt hast. Es ist eine schöne Stadt. Und sie birgt viele schöne Erinnerungen und vielleicht auch Mahnungen, ruhig und leise manchmal daran zu denken. Auch in nächster Zeit. Denn, wie gesagt, was wir erinnern, weil wir es erfahren haben, trägt sich weiter. In uns, durch uns und nach uns. Deine Stadt ist ein wenig meine geworden, heute. Ich werde mich in ihr als Gast irgendwie immer willkommen fühlen.