Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Freunde

∞  29 Dezember 2013, 21:51

Freunde sind etwas Wunderbares. Doch was ist ein Freund eigentlich, was zeichnet ihn aus? Ich bleibe mal bei meinem Ausspruch und erkläre einfach, wie ich gerade jetzt auf diesen Satz komme:

credit: istockphoto.com/RichVintage: “Racing Buddies”


Freunde bleiben “da”, auch wenn ich das Verhältnis gerade nicht so pflege. Im Moment gibt es gute, viele objektive Gründe, warum das so ist. Es gibt aber auch Phasen, in denen das nicht unbedingt gegeben ist, und ich doch vor allem mit mir selbst zu tun habe. Freunde sind eben jene Menschen, die das sehr wohl registrieren, vielleicht sogar darüber leicht irritiert sind – sich aber deswegen nicht zurückziehen, sondern, eben, “da” bleiben. Oder nachfragen, was los ist, was fehlt, wie es geht. Aber nur schon “da” bleiben ist viel, sehr viel wert. Freunde sind eben Menschen, bei denen man sich selber sein darf, stinkstiefelig vielleicht, gerade mal, vielleicht auch einfach eigenbrötlerisch, oder schlicht, neutraler, in sich gekehrt. Freunde freuen sich immer, wenn sie von einem hören, und sie bieten immer an, dass man dort weiter machen darf, wo man das letzte Mal aufgehört hat.

Ist das nicht möglich, weil sie im Kontakt wo anstehen, so lassen sie es nicht einfach schleifen, sich einprägen, sondern sie sprechen es an. Es ist dies, was Freunde von Kollegen unterscheidet: Nichts irritiert mich so sehr, wie wenn ich bei Kollegen irgendwann feststelle, dass sie sich über einen Aspekt meines Lebens oder meines Charatkers oder meiner liebsten Menschen ein Bild gemacht und ein Urteil getroffen haben, über das ich einfach nur baff sein kann, weil es so erschreckend wenig mit meiner wirklichen Realität zu tun hat. Kollegen sind eben keine Freunde, einfach Menschen, unter denen man sich gegenseitig sympathisch ist, mehr oder weniger, und bei denen man sich gerne für bestimmte Freizeitvergnügen oder Unternehmungen oder Diskussionen aufhält – um dann wieder zu gehen.

Es ist kein Wunder, dass wir heute diese Grenze immer seltener ziehen – und weniger Freunde haben, dafür eine Facebook-Entourage, die sich beklickt. Oh, ich bin gern, sehr gern unter Kollegen, ganz real, und teile eine Lust mit ihnen, ein Interesse. Aber ich kann nicht behaupten, ich würde sie wirklich kennen – und auch wenn ich einiges für sie tun würde – ginge es mir dreckig, sie wären wohl nicht Freund genug, dass ich mich anvertrauen würde. Freunde sind “da”, weil das Vertrauen, sich zu öffnen und Wesentliches von einem zu erzählen, mit Empathie aufgenommen und bewahrt wurde, weil man diese Herzlichkeit teilt, die dem anderen als Person als Ganzes gilt, ganz egal, welche Facetten daran einem durchaus auch fremd erscheinen mögen. Es ist genau diese Würze, jemanden als ganze Person neben sich haben zu können, und ihn genau so auch zu lassen und zu umarmen, wie er ist, ohne ihn sich zurechtbiegen zu wollen – und es ist herrlich, genau das gleiche auch zu erfahren.