Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Fast am Ziel

∞  8 Juli 2012, 14:32

Tage wie dieser magische Moment heute machen den Sport so faszinierend – und zum Gleichnis für die Scheitelpunkte so mancher Karriere:

Zwei Tennisspieler haben extrem viel gearbeitet, hervorragend gespielt, um nun einen Schritt vor ihrem grössten Triumph zu stehen. Nur einer kann gewinnen. Verliert Roger Federer den heutigen Final in Wimbledon, bekommt er vielleicht nie mehr eine reelle Chance, die noch fehlenden Rekorde zu brechen – verliert Murray heute, ist es seine vierte Niederlage in einem Grand Slam – Final – und erleidet er vielleicht einen Knacks, der ihn endgültig daran zweifeln lässt, mit den grossen Drei auf einem Level spielen zu können.

Aber Beide werden jetzt, eine halbe Stunde vor dem Match, nur an das eine denken: Was es braucht, um zu gewinnen. Diese Fähigkeit, alles Störende ausblenden zu können und einen langen Weg erfolgreich zu Ende zu gehen, diese einmalige Konstellation, in der auf jeden Fall Geschiche geschrieben wird: Wann hat es in den letzten zwanzig Jahren einen Tennis-Final mit einer grösseren Affiche gegeben?

Tennis ist für den Gang der Welt nicht wichtig. Aber die Protagonisten erfüllen auch hier eine Art Stellvertreter-Funktion für uns alle, indem wir uns einerseits als Fans bannen lassen, aber immer auch mit wachsamsten Augen darauf blicken, wie sich unsere Lieblinge verhalten. Kein anderer Sport erlaubt auch nicht selbst aktiven Spielern so viel Einblick in die psychischen Stresssituationen, denen die Spieler in einem so engen Fight ausgesetzt sind. Man kann in einem Tennismatch viel, sehr viel, viel zu viel nachdenken. Zwischen den Ballwechseln können die Gedanken rasen – oder völlig zur Ruhe kommen. Ein einziger Schlag kann so viel entscheiden, das Spiel ändern, den Verlauf kehren. Es ist grosses Kino, das heute Nachmittag ansteht. Und keiner kann das Ende voraus sagen – für heute und für die Zukunft nicht. Der Sport Tennis erlebt in jedem Fall heute einen Höhepunkt – und es ist immerhin bezeichnend, dass er mit Roger Federer zu tun hat. Er betont immer wieder, dass er sich auch als Botschafter dieses Sports versteht und damit etwas von dem zurück geben will, was ihm dieser Sport gegeben hat.

So gesehen, sind wir alle jetzt schon Beschenkte. Danke!