Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


FALSCHER ÄRGER - erste Fassung

∞  27 Oktober 2004, 00:52

Es regnet. Stau auf allen Strassen. Die Zeit wird knapp. Ich fühle Druck. Baustellen in den Quartierstrassen. Wann sehe ich auch mal einen Bauarbeiter?

Endlich ist das Büro nah. Vor mir schleicht ein alter Nissan über die Kreuzung. Und was macht er? Setzt sich links aufs Trottoir, unmittelbar vor mir, und genau da, wo ich in den Hinterhof fahren will. Wieder so einer, der wild im Quartier parkt, auf allen Gehsteigen, ohne jeden Blick für Andere, hemmungs- und rücksichtslos.
Ich hupe und verwerfe die Hände.
Ein alter Mann steigt aus, fuchtelt erregt zurück.
Erst jetzt nehme ich die alte Frau wahr, die mit eingezogenen Schultern verloren im Regen an der Hauswand steht und jetzt von ihrem Mann an der Hand genommen wird. Langsam zittert sie sich mit unsicherem Schritt über die rutschigen Pflastersteine, die gläsern regennass glänzen. Ihr Mann stützt sie, so gut er es selbst noch vermag und wie er es jeden neuen Tag, in jeder Situation erneut tun wird.

So schnell bin ich selbst zum Rücksichtslosen geworden. Was ist mein Stress im Vergleich mit der Energie, die altersschwache Menschen wie diese Frau tagtäglich finden müssen, um ihre täglichen Bedürfnisse zu decken? Mein Hupen von eben – ich versuche es durch eine entschuldigende Handbewegung abzuschwächen. Der Alte winkt, steigt mit gekrümmtem Rücken ein und fährt weg.

Ich danke ihm still für die versöhnliche Geste und lenke mein Auto mit etwas mehr Gelassenheit auf den Parkplatz.

Was war noch mal so wichtig, dass ich so in Eile war?

myblog.de/thinkabout
27.10.04 23:50

redigiert in der Sektion “Erzählt” veröffentlicht

1 Kommentar(e)

Grubby / Website (27.10.04 00:52)
Superschön, du sprichst aus was einem so oft wiederfährt! Ich liebe es hier zu stöbern!