Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Europa in (Er-)Klärungsnot

∞  26 Oktober 2011, 20:04

Ein bisschen Lamento. Muss jetzt einfach mal sein.


Ich weiss nicht, ob es viel helfen würde, wenn ich mehr von Volkswirtschaft verstünde. Ich bin dabei ja nicht unbedarft in diesem Thema, aber im Gegensatz zu all den Experten fehlt mir die fachspezifische Ausbildung. Wobei mir diese Experten gerade in diesem Fall am liebsten sind, die durchaus zugeben mögen, dass sie selbst zuweilen ziemlich im Dunkeln tappen:

Die Euro-Krise hat ihre (Er-)Klärungsnöte.

Ich kann mir nicht helfen, aber das Verlässlichste in dieser ganzen
Schulden-in-Europa-machen-den-Euro-kaputt-und-keiner-ist-schuld(en)los – Geschichte
ist für mich folgendes:

Gib einem notorisch leichtlebigen Luftikus immer wieder den nächsten Kredit, ohne ihn an die Wand laufen zu lassen, und du kannst sicher sein, dass es richtig teuer wird am Ende. Für Alle.

Genau das geschieht mit Griechenland. Wir reiben uns die Augen und fragen uns: “Wie konnte “man” nur? Wie konnten wir annehmen, so was möge gut gehen?

Wir schimpfen auf die Verantwortungslosen und die Hemmungslosen, während wir in der Eigentumswohnung , “erstanden” mit dem Minimaleinsatz von Eigenkapital, vor dem Fernseher mit Ratenzahlung sitzen, bevor wir noch schnell nach dem allgemeinen Ladenschluss mit der geleasten Karre in den Tankstellenshop düsen, wo wir den Chip-Nachschub mit der Kreditkarte mit dem viel zu hohen Limit bezahlen.

Und um die Ecke wartet schon der nächste Kandidat fürs letzte Krisenkarrussell: Italien.
Das Land scheint praktisch unregierbar zu sein, was bisher niemanden gestört hat. Aber nun? Wir lernen in Europa gerade, dass alles Konsequenzen hat. Selbst ein bisschen lieb sein mit dem Nachbarn, was doch so lange so gut war fürs Geschäft.

Wahrscheinlich gibt es für Europa keine Rückkehr zu den Wurzeln. Würde man nach dem einfachen Prinzip verfahren, dass ein “richtiges Geschäft” dem Prinzip von “Ware gegen Geld” entsprechen muss, und käme man zum Schluss, dass man jedes nebulöse Konstrukt, das dieses Prinzip frisiert, nicht ganz koscher ist, dann müsste man uns allen den Verzehr viel kleinerer Brötchen nahelegen – und das will sich nun tatsächlich niemand zumuten.

Darum wird es scheibchenweise weiter gehen, das Schachern und Scheibeln und Hebeln und Hedgen und Versichern und… was macht derweil das Klima?

Es ist zu befürchten, dass wir alle viel zu viel viel zu schnell erleben werden, bevor wir dazu lernen.. Die Welt reagiert in immer kleineren Zyklen, und dennoch oder gerade deswegen sind alle in ihrem persönlichem Tun auf schnelle Wirkungen aus.

Ich denke gerade an ein Gespräch mit leitenden Bankangestellten vor etwa drei Jahren zurück: Sie machten deutlich, dass sie sich schwer damit tun, sich im Kopf umzustellen: Gerade waren sie von der Leitung der Bank belehrt worden, dass “mittel- und langfristig” anberaumte Ziele nicht mehr längere Zeiträume als ein bzw. drei Jahre einschliesen würden.

Wer seinen Horizont so verengt, muss die schnellen grossen Gewinne suchen – mit dem Risiko, ganz tief zu fallen und dann einen wirklich langfristigen Weg zurück vor sich zu haben…

:::