Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Erwartungen erwarten können (und ablehnen)

∞  14 März 2008, 06:45

Frauen und Männer, Chefs und Angestellte, Vater und Sohn – die Liste klassischer Verhältnisse, die immer auch eine Geschichte falscher oder unerfüllter Erwartungen sind, ist ohne Ende. Und in jede Begegnung nehmen wir unsere anerzogenen Erwartungen, unsere Bilder von uns selbst mit.

Wir wissen vielleicht nicht, wer wir sind, aber es ist wahrscheinlich, dass wir eine klare Vorstellung davon haben, wie wir sein sollten.
Dass wir damit in erster Linie das Bild meinen, das wir abgeben und nachdem wir eingeschätzt werden, wird uns erst dann bewusst, wenn wir gar nicht mehr anders können:
Weil die Erwartungen nicht zu erfüllen sind und sie uns zuschütten, zumauern, ersticken.

Erwartungen, die an uns gerichtet werden, sind oft von uns voreilig akzeptierte Bringschulden.

Wie wir uns zu verhalten haben, wie wir zu sein haben, gibt uns aber niemand anderes wirklich vor. Denn wir sind es, die mit uns leben müssen. Und zwar auch dann, wenn die aktuellen Bestätigungen und wohlfeilen Beurteilungen plötzlich fehlen würden.

Wir sind nicht die Summe unserer Misserfolge oder Erfolge, wir existieren nicht durch Ansehen, Ablehnung oder (Vor-)Urteil. Es wird uns allenfalls schwerer gemacht, aber nie unmöglich. Und der Star der Gesellschaft ist dem ewigen Looser nie so nah wie bei der Frage, ob er sich selbst denn wirklich kennt?

Dort, wo diese Frage beantwortet werden kann, entscheiden keine Äusserlichkeiten, keine menschliche Liebe, die ihre Unsicherheiten nicht abgelegt hat und kein Hass, der nicht nur dessen Ziel verbrennen will.

Es ist jener Teil, den wir in unsere Stille mitnehmen und mit dem wir die Leere aushalten können oder nicht, die jenseits aller Zeit liegt, die an uns vorbei fliesst.