Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Enttäuschte Erwartungen sind besser als keine!

∞  20 September 2007, 18:34


Enttäuschung gilt als Übel. Ein unbedachtes Vorurteil.
Wodurch, wenn nicht durch Enttäuschung, sollten wir entdecken, was wir erwartet und erhofft haben? Und worin, wenn nicht in dieser Entdeckung, sollte Selbsterkenntnis liegen? Wie also sollte einer ohne Enttäuschung Klarheit über sich selbst gewinnen können?

Pascal Mercier, “Nachtzug nach Lissabon”



Wir werden von Menschen enttäuscht – oder vom Leben, von dem, was uns zufällt oder vorenthalten wird. Und sagen dann: Ich bin enttäuscht worden. Wieder einmal.

Mercier lässt seinen Helden im weiteren Text auch sagen, dass dies alles kein Grund wäre, keine Erwartungen mehr zu haben – sondern anders damit umzugehen. So, wie es hier schon angedeutet werden: Sie begrüssen und mit ihnen “reden”, erkennen, was sie einem zu sagen haben.

Und genau so sage ich Menschen, die Mühe haben, zu vertrauen:
Es lohnt sich, es immer wieder zu wagen. Denn nur so kann ich mich in der Fähigkeit, mich aufs Leben einzulassen, weiterbilden und meine Geborgenheit ergründen, finden. Enttäuschungen, verletztes Vertrauen – oft sind dies Wegmarken, die uns den Weg weisen zu Tritten, die wir aus uns selbst mit festerem Schritt machen können – auf dass wir erwartungsvoll auf festen Boden vertrauen – und dabei mit allen Sinnen nach innen und aussen danach vorab erkunden, was möglich ist, und damit uns selbst die Behutsamkeit schenken, die wir jedem Kind zuteil werden liessen!
Ein Kind aber, das wegen Schrammen das Spielen aufgegeben hat, macht uns traurig.

Und unser Leben soll nicht traurig sein!



Bild: Caro