Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Energiewende - Dummheit und Gier bleiben uns erhalten

∞  12 September 2012, 17:41

Silvia Liebrich schreibt in der Süddeutschen [1] über die peinliche Bilanz mit Biosprit und sie prognostiziert das Ende der Biokraftstoff-Förderungsprogramme. Ihr Fazit

Kraftstoffe vom Acker schaden nicht nur Umwelt und Klima, sondern verschärfen auch den Hunger in der Welt.

lassen wohl nicht nur mich fragen: Wie konnte allen Ernstes jemand anderer Meinung sein? Nun, die ganze neue Hektik rund um die Energiewende hat uns ganz erschreckend deutlich vorgeführt, wie die Menschheit auf eine drohende Verknappung reagiert: Der Mangel droht niemals den Starken…

Zur Illustration und als Gemälde unserer unsäglichen Inkompetenz erlaube ich mir die schamlose Zitierung einiger Ausschnitte aus dem Artikel:

[…] Dass Pflanzen beim Anbau so viel Kohlendioxid aufnehmen, wie später beim Verbrennen freigesetzt wird, ist nur ein Teil der Rechnung. Düngen, ernten, transportieren und verarbeiten ruinieren die Klimabilanz gründlich.
[…]
Die Beschwörungsformel der Bauern-Funktionäre, dass deutsche Landwirte beides können, Tank und Teller – sie kann nicht funktionieren.
[…]
Mit seinem Biospritdurst verschärft Deutschland die Umweltprobleme und Landkonflikte in diesen Anbauländern. In Honduras muss die Regierung Kleinbauern vor gewaltsamen Übergriffen von Palmölproduzenten schützen. In Indonesien ist ein großer Teil des Regenwaldes vernichtet, dort stehen heute riesige Energie-Plantagen. In Kamerun und Äthiopien werden Bauern von ihren Feldern vertrieben, weil internationale Investoren dort Biospritpflanzen statt Nahrungsmittel anbauen wollen. Der Druck auf die Anbaufläche nimmt zu. Das schlägt sich auf die Preise für Nahrung nieder, eine Last vor allem für Menschen in ärmeren Ländern.
[…]

Ich weiss wirklich nicht, was ich für unsere Zukunft mehr fürchten soll: Die Skrupellosigkeit der Investoren und der Industrie – oder unsere erschreckend deutliche Unfähigkeit, vernetzt zu denken und sog. Energiebilanzen in ihren Auswirkungen auf Klima und Rohstoffverbrauch wirklich umfassend aufzustellen. Unwissen ist unser grösster Feind, das Kalkül unseres schlechten Gewissens als wirtschaftlicher Faktor eine Art Fanal der wirtschaftlichen Eigendynamik…

Und zunehmend verwirrt mich: Ich treffe zu diesem Thema überall auf Kopfschütteln und Entsetzen. Aber der kollektive Aufschrei bleibt aus. Aus allen diesen Unbehaglichkeiten entsteht null Bewegung.

—-
[1] Silvia Liebrich, sueddeutsche.de – Unsinn, der auf Feldern wächst