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Energie - unser der Erde geraubtes und subventioniertes Gold

∞  15 Mai 2014, 00:45

Heute habe ich ein langes Interview mit einem Schweizer Textilfabrikanten im Radio mitgehört. Einstmals war die Schweiz nicht nur der weltweit führende Maschinenhersteller für die Textilindustrie – sie hatte auch eine sehr lebendige und innovative Textilfertigung im eigenen Land – innovativ ist sie noch immer und hoch spezialisiert – aber schrecklich ausgedünnt. Noch etwa 12’000 Arbeitsstellen kann sie bieten.

Über die Lohngefälle als Ursache für diese Entwicklung brauchen wir gar nicht mehr reden. Aber im Gespräch werden auch andere Faktoren aufgeführt, die häufig untergehen – und die offenlegen, wie gross die Illusion ist, wenn die Wirtschaftsmächtigen an der Globalisierung immer den freien Wettbewerb loben, der Chancen für alle bieten würde. Im besagten Interview wird darauf hingewiesen, dass die Textilindustrie sehr energieintensiv produziert, so dass sich die verglichen mit der Schweiz halb so teuren Energiepreise in den USA zusätzlich verschärfend auswirken.

Nun sind gerade die Energiepreise ein Kostenfaktor, der nicht durch den freien Markt gebildet wird und bei dem sich die tatsächlichen Kosten für die Energiegewinnung überhaupt nicht in den Angebotspreisen niederschlagen. In unzähligen Ländern werden die Energiepreise subventioniert, und die tatsächlichen Kosten werden kaum je erfasst. Zum Beispiel die Solarenergie: Solarpanels sind Sondermüll – und niemand hat eine klare Vorstellung davon, wie sie tatsächlich umweltgerecht entsorgt werden können. Entsprechend sind die Kosten dafür auch nicht Teil der Abgabepreise von Solarstrom. Atomstrom ist billig, sagt man. Das ist nur möglich, weil keine Versicherung bereit ist, ein Atomkraftwerk wirklich gegen eine Havarie zu versichern. Fukushima hat offen gelegt, dass kein Atomkraftwerk gegen Schadenfälle versichert ist, die eine Milliarde USD übersteigen. Dass Fukushima viel teurer zu stehen kam, weiss jeder, wer es bezahlt, auch. Der Staat und damit zuletzt der Bürger. Und da kein Atomkraftwerk entsprechend höhere Versicherungsprämien refinanzieren muss, ist der Strom billig. Zudem ist auch bei Atomstrom die Endlagerung geklärt – und damit sind auch diese Kosten nicht kalkulierbar. Und dann wäre da noch der proaktive Staat zu nennen, der den Markt manipuliert, denn kein Gut ist so kostbar wie der Rohstoff und alle Quellen, die Energie produzieren. Und so kontrolliert China mit seiner Lenkung des Marktes für Solarstrom die ganze Branche und bestimmt im Grunde allein, ob ihre eigenen Firmen und die westliche Konkurrenz überleben können – und zu welchen Bedingungen.

Bei allen diesen Spielen werden nicht nur unsere Arbeitsplätze zum Spielball willkürlich erstellter Faktenlagen – auch die Natur bleibt auf der Strecke – weil nicht nur in diesen Beispielen die Kosten für unser umweltschädliches Verhalten nicht uns aufgebürdet werden, sondern den nächsten Generationen – zu Preisen, die wir alle noch nicht kennen. So gesehen ist es schon fast wieder verständlich, dass wir sie nicht zum Gegenstand unserer Kalkulationen machen (können). Wir beuten ja aus. Und für dieses Tun gibt es immer einen Abgrund. Davor finden viele Rennen statt – mit gedopten Siegern. Nicht nur im Sport.