Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Einfall der Matronen

∞  27 September 2011, 22:02

Die Pilzsuche war so beschaulich, die Wanderung so friedlich, das Wetter so mild, das Gartenrestaurant gemütlich – für zehn Minuten.


Wir sitzen im Gartenrestaurant. Hinter uns liegt ein schöner Nachmittag mit einer ausgedehnten Wanderung durch eine voralpine Vegetation. Die Pilzrucksäcke sind praktisch leer geblieben. Die Saison ist hier – für das was wir such(t)en – praktisch vorbei. Das Wetter ist phantastisch. Herbst, lau, freundlich warm, Sonnenschein. Es wäre alles gut. Die Glasschalen mit dem Vanilleeis stehen da und ich würde am liebsten mit der Nase darin versinken.

Dann fallen sie über uns her.

Drei Matronen in voller Kampfausrüstung. Es fehlen zwar die meist unvermeidlichen Gehstöcke, aber sonst ist alles da. Samt Stubenfegerhund, der sich alsbald zu meinen Füssen kringelt und sich als einziger für gar nichts interessiert. Er kennt das alles ja schon. Sein Frauchen und die beiden Kumpaninnen haben gefragt, ob an unserem Tisch, der tatsächlich gross genug ist, noch frei wäre, und schon sitzen sie da. Jede von ihnen ist mindestens doppelt so breit wie Thinkabouts Wife – und dreimal so laut.

Dann wird diskutiert, was man denn nun essen könnte. Die Weiber haben Organe wie Bierkutscher, aber nicht so viel Kultur. Es geht hoch her über der Speisekarte. Älplermagronen oder Käsespätzle? Aber nur, wenn sie frisch sind. Darüber wird die Bedienung sogleich auch ausgefragt:

Machen Sie das frisch? Also nicht die Bedienung, sondern der Koch, natürlich, hahaha.

Und die Frau schaut kaum hoch von ihrem Bestellblock, aber die Augenschlitze werden noch ein wenig schmaler, die Schultern, die zu einem Kleiderschrank passen würden, noch ein bisschen breiter:

Nee. Selber kochen wir nur das Siedfleisch. Der Rest kommt abgepackt und wird heiss gemacht.

Ist nicht wahr?

Bei der Cheftrompeterin fällt der Groschen nur langsam. Ich zur Bedienung:

Ist aber bemerkenswert, wie ehrlich Sie sind!

Wir schauen uns an, unterdrücken das Grinsen. Auf DIE Bestellung scheint sie verzichten zu können. Aber denkste. Obwohl es nun doch zurück trötet:
Das merke ich natürlich. Wie kann man denn glauben, dass ich das nicht merke? Das schmeckt ganz anders, ganz einfach scheusslich. Das muss man selber machen, frisch zubereiten.

Ich verzichte auf den Einschub:

Wenn Du Vierschrot bestellen willst, musst du eben erst fragen, oder? Und genau das machste ja auch. Allerdings auf eine absolut unappetitliche Weise.

Muss ich noch sagen, dass Käsespätzle und Älplermagronen natürlich auch bestellt wurden? Die Allgäuerin am Tisch will sich opfern, wie sie sagt, der Lautsprecher neben Thinkabouts Wife hat Watte im Ohr und einen eingegipsten Arm. Vielleicht hat sie schon jemand zum Schweigen bringen wollen…?

Die Kollegin daneben, die Allgäuerin, referiert nun über Käsespätzle. Wir haben nur noch einen Gedanken: Wir wollen zahlen – und suchen alsbald atemlos das Weite.