Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Einer meiner Lehrer

∞  5 Dezember 2013, 19:21

Ich habe einen Tennislehrer, den ich ganz bewusst ausgewählt habe. Dabei habe ich ihn kein einziges Mal selber spielen sehen. Aber eine ganze Stange Kaffees habe ich mit ihm schon getrunken. Denn er tut mir gut. Meinem Tennisschwung. Aber vor allem beschwingt das Zusammensein mit ihm meine Seele.

Ich liebe seine hellen Augen, sein breites Lächeln, und die Gemütlichkeit, die ihm eigen ist. Wenn ich ihn sehe, dann möchte ich mich setzen und mich zurücklehnen und die Beine über einander schlagen.

Er will einfach Tennislehrer sein, diesen Job gut machen und schafft es, seine Zufriedenheit schon an kleinen Dingen fest zu machen. Und so wie er mir erzählt hat, kommt das sehr gut an, ist er nun auch ein Clubtrainer. Einer, der an Interclubpartien anwesend sein will, der wirklich Teil des Clubs ist. Sich einbringt, im Zentrum sitzt und doch die Aufmerksamkeit nicht sucht, aber selbst aufmerksam sein will.

Mit ihm kann ich über Sport fachsimpeln, glühend heiss, aber ich kann mit ihm auch über Lebenskunst reden, und, ja, auch über Gott, Spiritualität allgemein. Alles ergibt sich ganz spontan. Und auf dem Tennisplatz arbeiten wir am scheinbar unmöglichen Versuch, zwanzig Jahre Selfmade-spasmozuckende Wirrschläge irgendwie in so was wie natürliche Bewegungsabläufe zu verwandeln. Und das tun wir konzentriert. Es ist diese Mischung, in der allem eine Ernsthaftigkeit innewohnt, die aber auch jeden Krampf vermeiden will, die mir so gut gefällt und mich Entspannung lehrt.

Und letztes Mal hat er mir beim Trinken zwischen zwei Trainingsblöcken erzählt, wie er nun zuhause jeweils den Timer wieder stellt. Nicht, um wichtige Pendenzen nicht zu vergessen. Sondern, um an seine fünfzehnminütige Traumpause erinnert zu werden:

Ich habe festgestellt, dass ich unbedingt diese feste Zeit brauche, in der ich nichts anderes zu tun habe, als zu träumen, meinen Gedanken nachzuhängen, zu fabulieren, nichts zu tun, nichts Konstruktives zu müssen, einfach hängen zu dürfen.

Ich kann selten aus dem Zusammensein mit einem Menschen in wenigen Minuten so viel für mich Wertvolles herausziehen und mitnehmen, wie bei meinem Tennislehrer.