Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Eine Würdigung, leider posthum

∞  10 März 2009, 06:54

In diesen Tagen fällt es mir aus einem ganz persönlichen Grund nicht schwer, zwischen Managern und Unternehmern zu unterscheiden.

Der Patron meiner Partnerfirma, mit dem ich fünfzehn Jahre zusammen gearbeitet habe, ist gestorben. Als ich es erfuhr, sass ich im Auto, genau so, wie ich es während vieler Stunden tat, während er neben mir sass und wir aus der Stille und Autobahnmonotonie heraus das eine oder andere Gespräch begannen, das wir nur so am Besprechungstisch nicht geführt hätten. Es war nicht zuletzt ein Austausch zwischen Generationen, und unterschiedlichen Mentalitäten. So unterschiedlich, dass wir uns bereits wieder sehr frei begegnen konnten, auch wenn ich meinen Respekt nie ablegte. Das stand nicht zur Debatte, denn sehr schnell lernte ich, dass dieser Mann die Verantwortung für viele hundert Angestellte schulterte, und dabei wohl oft sehr allein war.

Nach seinem Gebaren schien er wenig Widerspruch zu dulden, und gleichzeitig verabscheute er Duckmäusertum. Er war sparsam und man kann nicht behaupten, dass dies nie über Gebühr zu Lasten seiner Angestellten ging. Gleichzeitig aber war er bereit, seiner Weitsicht zu vertrauen und entsprechend zu investieren. Aktien von Firmen ohne unternehmerische Verbindung zu besitzen, erschien ihm komplett unseriös. Geld war dazu da, zum Wohl der eigenen Firma investiert zu werden, statt sich in Präsentationen von Businessplänen gegenüber Banken aufzureiben und von ihnen abhängig zu sein.
“Wir können alles”, hiess es da schon mal, und das geflügelte Wort in der Firma erzeugte so manches Schmunzeln. Ausgelacht hat ihn aber niemand dafür, denn wir alle wussten stets:
Er war ein Unternehmer, und er konnte wirklich alles Menschenmögliche bewegen, wenn er überzeugt war, dass es für die Zukunft notwendig war. Er traf Entscheidungen und zögerte danach nicht, danach zu handeln – und immer lag darin zu allererst das eigene unternehmerische und damit das finanzielle Risiko.
Er war Unternehmer, und kein Manager. Er verwaltete niemals sein Scherflein, taktierte nicht, nach Ansehen fragend oder in Schönfärberei verfallend. Er unternahm. Der Einsatz, den er mitbrachte und leistete, war dabei total, uneingeschränkt, umfassend.

Als ich die Zusammenarbeit mit ihm begann, gab es in Europa in dessen Tätigkeitsfeld vielleicht noch zwölf namhafte Hersteller. Heute sind es noch drei.
Er aber ist nicht mehr. Noch einmal wird es sehr viel verallgemeinernde Lobhudelei für ihn geben, einen grossen Bahnhof, den er mehr als verdient hat, obwohl es nur noch für die Verbliebenen Bedeutung hat. Er aber wird wohl unsichtbar jenen zuwinken, die ihm nachrufen:

Adieu, Patron. Sie hatten Ecken und Kanten, weiss Gott. Sie haben gebrüllt und getobt, und das nicht immer nur dann, wenn es unbedingt sein musste. So mancher hat den Kopf eingezogen und sich dann lieber verzogen. Aber Ihr Team ist noch immer da. Praktisch vollzählig. Und wir haben immer gewusst, was wir an Ihnen “hinter der Akustik” haben. Ihre raue Schale barg einen Vollblutunternehmer und Patron, der stets um den Menschen in uns wusste, und den eine persönliche Krise nicht kalt liess.

Und wer es wagte, Ihnen im Sinn der Sache zu widersprechen, der konnte sich sicher sein, dass Sie ihn ganz besonders respektierten. Denn noch einsamer wollten Sie in Ihren Aufgaben nicht werden.

In den letzten Jahren sind Sie prinzipiell nur noch in die Firma gegangen, wenn Sie guter Laune waren, habe ich gehört. Das liess mich grinsen. Es ist die herrliche Freiheit eines Mannes, der seine Pflicht mehr als getan und auch das Geniessen noch gelernt hat. Auch und gerade abseits der Firmentore.

Wir werden Sie vermissen. Und nicht vergessen.