Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Eine Welt, die alle will und alle wollen

∞  22 Juli 2014, 23:35


Gaza. Irak. Afghanistan. Nigeria. Pakistan. Iran. Syrien. Lybien. Sudan. Konfliktherde, zahlreicher, als wir sie an den Fingern unserer Hand abzählen könnten. Und immer werden sie zusätzlich geschürt durch den Kampf der Religionen.

Viele Moslems radikalisieren sich. Im Westen galt es immer als chic, etwas von der jüdischen Kultur zu erfahren. Vorauseilend interessiert haben wir uns gegeben, in unserem schlechten Gewissen, das uns die aufgezeigte Geschichte lehrte. Wenigstens das.

Aber der arabische Raum? An ihm interessierte uns im Grunde nur das Öl – und es hat ja auch so manchen Konflikt in diesen Ländern unter dem Deckel gehalten.

Wir bekommen nun die Quittung. Natürlich ist kein Fanatismus dieser Welt und kein Übergriff auf Leib und Leben zu entschuldigen – aber nichts wird besser werden, wenn wir nur das Primitive in den Bärtigen sehen. Denn das Problem wäre geringer, wir wären einer Lösung näher, wenn wir zum Beispiel die Zustände in Gaza in den letzten zwanzig Jahren wirklich unerträglich gefunden hätten. Nein, nicht so, wie wir es uns in unserer Empörung im Fernsehsessel eingerichtet haben, egal, wem sie galt. Das ist, Verzeihung, nichts. Es hat keinen Wert. Weil es nichts verändert, weil unser Denken dann, wenn es wirklich darauf ankommt, in den Schubladen stecken bleibt. Im Zweifelsfall sind wir für eine Seite und werden gleichzeitig unverbindlich, denn “natürlich” muss “man” sich doch schützen. Und nicht nur amerikanische Präsidenten wollen gewählt werden. Pazifisten besetzen keine Regierungsämter. Nicht an den Spitzen, an denen ein Jeder und eine Jede schon längst die Ellbogen gebraucht hat.

Und was haben wir denn den spirituell verklärten Fanatisten mit dem Koran in der Hand engegen zu setzen? Die Bibel? Da war doch was… Keine andere Religion stellt die Nächstenliebe und die Versöhnung zwischzen Gott und den Menschen so ins Zentrum. Aber wer lebt denn bei uns noch danach? Wer hat so viel Überzeugung, dass er für sie auch etwas riskieren würde – und sei es nur einen Zipfel seiner Bequemlichkeit?

Im Ernst: Was wollen wir denn von den Konfliktparteien in Krisengebieten für eine Haltung einfordern? Wo ist denn unsere eigene?

Aber wo anfangen? Was tun? Wo können wir Kontrapunkte setzen und dabei, so ganz praktisch nebenbei, den Mut finden, an das wirklich zu glauben, das wir in der Sonntagsschule hörten, oder unter dem Weihnachtsbaum – oder in der Staatskunde. Ja, sie würde völlig ausreichen, diese Kunde:

Sie redet davon, dass Menschen aller Rassen, Geschlechter und Religionen ein Recht auf Bildung haben. Wer bei uns wohnt, hat nicht nur ein Recht, zur Schule zu gehen, sondern die Eltern haben die Pflicht, sie dahin zu bringen. Bevor das Theorie wird, sollten wir die Sache noch ein wenig weiter denken:

Ich habe einen Traum. Ich stelle mir vor, dass die Welt zwischen Delhi und Rabat in fünfzig Jahren von gebildeten Menschen regiert wird, die in dieser Bildung die praktische Erfahrung machen konnten, dass Kameraden und Kameradinnen aller Religionen einander dabei unterstützten, in einem Beruf richtig gut zu werden. Ich habe einen Traum. Dass sich Schulen in allen Ländern behaupten können, in denen die verschiedensten Religionen und deren Geschichte kulturelles Erbe ist, das gelehrt, erzählt wird, zur Bereicherung dienend, die Menschen verbindend, und nicht trennend. Es gibt den Anspruch auf Wahrheit nicht. Aber das Bedürfnis nach Respekt hat jeder Mensch zu recht. Schulen, die dies vor jede andere Maxime stellen, wären ein Segen für die Menschheit. Wir sollten alle etwas dafür tun, dass solche Projekte gross und mächtig werden. Und wir sollten wirklich unseren Kopf dafür riskieren. Oder wenigstens die Empörung, die so unerträglich hilflos bleibt.