Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Eine sonnige Zugfahrt

∞  29 April 2010, 17:49

Ich habe seit einer Woche nicht mehr wirklich Zeitung gelesen. Ausser den Sport. Im übrigen erlebe und erfahre ich wichtigere Dinge:
Auf der Heimreise gestern steht mir nur noch die kleinste Etappe bevor: Mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof nach Hause. Zwanzig Minuten. Ich setze mich auf die Klappsitze zu Beginn des Abteils und blicke durch die Rücklehnen des ersten Abteils vor mir in ein strahlend helles afrikanisches Gesicht, von dem Rastazöpfe in alle Richtungen abstehen. Ich muss gelächelt haben. Denn das Gesicht leuchtet noch heller. Blanke weisse Zähne. Beneidenswert. Und wie fürs Lachen gemacht. Ich teile mir den Platz mit zwei Elektrobikes, an denen sich schliesslich eine alte Frau mit schlohweissem Haar an zwei Gehkrücken vorbei schlängelt. Doch bevor ich in meiner Müdigkeit reagieren kann, hat sie die Pedalen schon umschifft, sich mit ihrem gekrümmten Rücken an der Rückenlehne rechts vorbei gezwängt und den Afrikaner gefragt, ob da noch frei wäre?

Und dann geht es keine Minute, und die achtzigjährige Bernerin mit dem Sohn, der Kirchenrecht lehrt und der junge Angolaner, der als Sportlehrer an der Sekundarschule und im Sportverein arbeitet, sind in ein angeregtes Gespräch vertieft. Nein, er reist nicht nach Südafrika, zu teuer. Vor zwei Jahren war er da. Damals war da noch viel zu wenig “Sicherei”. Ansonsten aber redet er sehr gutes Deutsch, und die Frau fordert er auf, doch bitte berndeutsch zu reden, er höre das so gern. Und so erfahre ich noch viel mehr in diesen zwanzig Minuten. Vor allem aber eines: Die Fremden bleiben uns fremd, wenn wir unserer Angst mehr trauen als unserer Neugier.

Es war ein sonniger Abend, gestern. Nicht nur in Angola.




Als ich aussteige, winkt er mir zu. Ich winke zurück und das Lachen bleibt in meinem Gesicht stehen. Nicht nur, weil draussen Thinkabout´s Wife auf mich wartet. Aber auch.
Es gibt so viele interessante Menschen. Und so viele Gelegenheiten zur Begegnung.
Und vor allem gibt es die menschliche Güte, die uns manchmal lehren will, diese Chancen auch wahrzunehmen. Zu unserer eigenen Freude. Das wäre doch Antrieb genug.