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Eine Chance: Die Diskussion des bedingungslosen Grundeinkommens

∞  12 Oktober 2013, 18:50

In der Schweiz ist die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen eingereicht worden. Damit wird es eine Volksabstimmung über diese Idee geben, und Politik und Gesellschaft werden eine ernsthafte Diskussion über ihre politischen und sozialen Werte führen können.

Ich finde diese Ausgangslage äusserst interessant und eine grosse Chance für die politische Gesellschaft: Die Initiative wirft ganz bewusst mehr Fragen auf, als dass sie Antworten liefert. Also gibt es tausend mögliche Ablehnungen für etwas, was – scheinbar – eine hirnrissige Utopie darstellt.

Nur: Wer das Wesen einer Utopie richtig versteht, wird erkennen, dass sie Theorien formuliert, die irgendwann zu Ideen und dann zu Konzepten führen können und sollen. Hundertdreissigtausend Unterschriften wurden für die Initiative gesammelt. Kunststück, könnte man meinen – doch ich glaube, dass wir sehr schnell sehr viel tiefer gelangen können, wenn die Initiative öffentlich diskutiert wird: Wir werden kaum je ein Thema ins Zentrum gerückt sehen, bei dem Ablehnung und Zustimmung so quer durch alle Parteien gehen wird – und dies mit den unterschiedlichsten Argumenten. Wir werden eine Debatte führen, die mehr unsere Lebensinhalte thematisiert, als politische Programme von links oder rechts. Es ist nicht die Absicht, hier schon über den Inhalt zu diskutieren und über Machbarkeiten. Hier geht es nur um diese ausserordentliche Chance und das entsprechende Glück, als Bürger, als einfacher politischer Mensch eingeladen zu sein, über die Grundwerte der Gesellschaft zu diskutieren und mittels der Instrumente der direkten Demokratie zu erfahren, wo wir heute zusammen stehen – und wie das in Zukunft aussehen könnte.

Für einmal führen wir keine reine Ablehnungsdebatte einer scheinbar konkreten Gefahr noch kann man schlicht opportunistisch auf das Schlaraffenland bauen, sondern wir diskutieren eine Weichenstellung für unsere Gesellschaftsordnung, und wir tun es mit Konsequenzen: Die Abstimmung wird – schon bei einer relativ bedeutsamen Anzahl von Ja-Stimmen – die Utopie allmählich zur Idee werden lassen – und das Schweizer System der verschiedensten Einlassungen aller Parteien, Verbände und anderer Interessengrupen könnte dazu führen, dass wir unseren eigenen Puls sehr deutlich fühlen können – und die Politik Wege und Mittel findet, in die entsprechende Richtung zu arbeiten und dann auch konkrete Lösungsansätze zu entwickeln.

Die scheinbar so konservative Schweiz wird wohl früher als fast alle anderen Staaten damit eine Diskussion führen, die man sehr wohl als Reaktion auf die allseits in Frage gestellten Rentensysteme verstehen kann – und so fortschrittlich die Schweizer AHV seinerzeit war, so zeitgemäss und voraus schreitend könnten neue Lösungsansätze für den Wert von Arbeit in der Schweiz diskutiert und gefunden werden.

Und wir Bürger sind mitten drin.