Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ein toter Fussballer lässt uns nur scheinbar still stehen

∞  15 April 2012, 14:45

Der italienische Profi-Fussballer Piermario Morosini bricht in einem Spiel der Serie B in Italien während dem Spiel zusammen und stirbt im Spital. Die Reaktion des italienischen Fussballverbandes: Er sagt sämtliche Spiele des Wochenendes ab.

Der Vorgang ist schrecklich und für alle Beteiligten ein Drama. Aber ich finde die Reaktion überzogen und ein gutes Stück weit grotesk. Oder sollte ich sagen: Entlarvend?

Wir haben einfach kein Verhältnis zum Tod, zur jederzeit vorhandenen Möglichkeit eines Ereignisses, das in dieser Weise ein Leben beendet. Wir pressen aber aus jedem Sport und seinen Protagonisten den letzten Saft an Energie und manipulieren dabei Körper und Geist – der Protagonisten und der zu Unterhaltenden, die dann die besten Konsumenten sind, wenn sie jenseits des Gladiatorenspektakels jeden zweifelnden Gedanken ausblenden.

Dann zu meinen, im ganzen Land müssten auf jedem Fussballplatz die Kugeln nach einem solchen Unglück ruhen, scheint mir angesichts der Bedingungslosigkeit, mit der im Spitzensport alles getan wird, erst recht scheinheilig zu sein: Gerade im italienischen Fussball kommen immer wieder Gerüchte über fit gespritzte Spieler auf, ja über regelrechte Spritzenkuren für ganze Mannschaften. Melden ehemalige Spieler mit gesundheitlichen Problemen Ansprüche auf Wiedergutmachung oder auch nur Untersuchung an, wird gemauert bis zum Umfallen.

Wir halten Schweigeminuten für Todesopfer ab und geben uns betroffen. Die Fähigkeit zur Kontemplation, zur echten Reflexion mit daraus folgenden Änderungen der Einstellung (und damit des Verhaltens) sind nicht zu erwarten. Wir wollen das auch nicht wirklich. Wir wollen so schnell wie möglich weiter machen wie bisher. Für mehr als Platitüden ist kein Platz. So gesehen sind Schweigeminuten tatsächlich ein Segen…